Kamerun Reisebericht: Das kleine Afrika

Der Podokojunge winkt wie wild mit seinen roten Plastiksandalen, als hätte er nur auf den Geländewagen gewartet. Flink zieht der Kleine die Schuhe wieder an und sprintet mit 10, 15 anderen Kindern hinter dem Fahrzeug her, das sich schwerfällig die Serpentinen der Mandara-Berge hochwuchtet. 800 Meter über handtuchschmalen Hirse-Terrassen thront das Dörfchen Oudjilla mit seinem Gehöft, Saré genannt, das einer Festung gleicht: ein Konglomerat aus Getreidespeichern und ineinander gewachsenen, strohgedeckten Lehmhütten, bewohnt vom Völkchen der Podoko.

 
Deren Oberhaupt Mouzougou, ein glutäugiger Greis von angeblich 93 Jahren, ist ein viel beschäftigter Mann: „Derzeit hat er 50 Ehefrauen und 113 Kinder“, erklärt Sohn Nummer 23, Jacques. Er übernimmt die Hausführung für Touristen – gegen Gebühr. Später fragen die Jüngeren nach Euromünzen, Stiften und Augentropfen. Im Umgang mit Touristen haben die Podoko Routine: Seit Jahren machen alle Kamerun-Rundreisen bei ihnen Halt. Eine Ausnahme von der Regel.
 
{{g_ads}}
 
Denn Kamerun ist touristisch betrachtet noch ein blinder Fleck in Schwarzafrika. Die ehemalige deutsche Kolonie ist ein faszinierender Schmelztiegel von 286 Ethnien, drei Hauptreligionen – Christentum, Islam, Animismus – und ungezählten Sprachen und Dialekten. Wenn zufällig einmal ein Bantu des englischsprachigen Südwestens auf einen Fulbe-Landsmann aus dem frankophonen Norden trifft, können die beiden nur mit Händen und Füßen kommunizieren.
 
Kamerun zu bereisen, ist ein Abenteuer. Vor allem, wenn man den Mietwagen einmal stehen lässt und sich in das Hauptverkehrsmittel der Einheimischen wagt: Ob Kleinwagen oder Van, der Zustand eines echten Busch-Taxis jagt den meisten Touristen auch bei schwüler Hitze eiskalte Schauer über den Rücken.
Onyori Simon Makete, Tennislehrer und Fremdenführer, steht in einer Staubwolke am Busch-Taxi- Stand von Kumba und beobachtet, wie sich drei Männer neben den Fahrer eines mit Duftbäumchen dekorierten Uralt-Toyota Corolla quetschen. Vier Fahrgäste hüpfen auf die Rückbank. „Afrikaner haben nicht dasselbe Bedürfnis nach Privatsphäre wie ihr Europäer“, erklärt Makete, während der Taxifahrer
neben Fässern und Koffern zwei große weiße Ziegen im Kofferraum verstaut. Weil im Fahrzeug jetzt langsam alle Plätze belegt sind, schwingt sich ein alter Afrikaner kurzerhand auf die Heckklappe. Los geht’s.