Wir, die ZWEI, wie uns unsere Freunde nennen, sind Werner und Karen. Seit ein paar Jahren ist uns die Lust auf Sterne-Urlaub vergangen. Mit Mitte 40 und 50 haben wir Hotelzimmer gegen Zelt getauscht und sind mit unserer minimierten Ausrüstung außerordentlich glücklich.
Drei Wochen Urlaub liegen vor uns und das Fernweh hat schon seit Wochen unsere Gedanken im Griff. Wir hätten gern länger frei. Doch weil das nicht machbar ist, werden wir wieder versuchen so aktiv zu sein, dass uns die Zeit wie gefühlte drei Monate vorkommt.
Den letzten Sommerurlaub verbrachten wir in Kanadas Wildnis, erkundeten mit Zelt und Dakine-Rucksack Vancouver Island. Dort hatte Werner plötzlich die Idee mit der Radtour. Beschlossene Sache: 2009 werden wir Rad fahren, und nur in Deutschland. Denn Deutschland ist wunderschön und hat Radwege an Donau, Elbe, Weser oder Nord-Ostseekanal zu bieten. Dass wir dann an Oder, Neiße und Spree gelandet sind, haben wir dem Tipp unserer netten Verkäuferin aus dem Trekking-Store zu verdanken. Dieser Tipp war wirklich gut. Die Sache mit dem Fernweh sollte doch auch in Deutschland in den Griff zu kriegen sein.
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„Wir werden bestimmt nicht mit dem Zug fahren, wir schaffen es mit Muskelkraft nach Hause,“ sagt Werner und lässt an diesem Satz keinen Zweifel aufkommen. Ich bin mir da gar nicht sicher. Von Görlitz oder Berlin zurück habe ich die Bahn eingeplant. „Hast du die Tasche mit dem Flickzeug auch wirklich eingepackt? Und Ersatzschläuche und Speichen?“ nerve ich Werner beim Packen. „Ja, habe ich ganz oben in meiner Radtasche." Gerade war mein mit einem Schwalbe-Marathon-Plus-Reifen bemänteltes Vorderrad mehrmals hintereinander platt. Der Hersteller wirbt mit dem Slogan „Wir machen ihr Fahrrad unplattbar“.. Dann habe ich wohl eine Pechsträhne, die jetzt zu Ende sein muss, sonst brauche ich nicht los fahren. Vorsichtshalber habe ich das Vorderrad mit einem neuen Reifen dieser Marke bestücken lassen.
Doch an einem Samstag im Juli 2009 holen wir die Räder aus der Garage und stellen das Auto hinein. Tor zu. Hinter den Fenstern unserer Nachbarn tut sich was. Einige sind neugierig und fragen, ob wir wirklich ohne Auto fahren und die paar Radtaschen und der Seesack unser ganzes Gepäck sind. Natürlich. Ja, wir starten ohne Rückfahrticket, verzichten auf Gepäcktransport und GPS und ein festes Ziel fehlt uns auch. Manche bewundern uns ehrlich, andere sind skeptisch.
Kurz vor 14 Uhr sind die Regenwolken abgezogen. Mutig beladen wir unsere Räder. Mit Regenjacken griffbereit treten wir in die Pedalen und haben unser Dorf bald hinter uns gelassen. Zuerst fahren wir die vertraute Strecke nach Wismar Richtung Gewerbegebiet. Doch heute bleiben wir auf dem Radweg. Ganz allmählich realisieren wir unser Vorhaben. Die nächsten Wochen wollen wir als moderne Nomaden mit Leinwandvilla unterwegs sein.