Die letzte Nacht hat uns erstaunlich wenig Urwaldkonzert beschert, und wir haben gut geschlafen. Am nächsten Morgen ist es aber schon sehr früh sehr heiss. Wir frühstücken mit roten und grünen Papageien, die uns Brot und Melonen und Rührei vom Teller klauen. Wir lassen sie gewähren und freuen uns, diese herrlichen Vögel so hautnah sehen zu können. Klar, dass wir jede Menge Fotos schiessen.

Dann starten wir zu einer langen und hochinteressanten Wanderung auf schmalen Pfaden durch den unberührten Regenwald. Heinz erklärt uns Pflanzen und Tiere und ihre Besonderheiten. Er zeigt uns zum Beispiel die sehr gefürchtete 24-Stunden-Ameise, ein schwarzes Monster von 2,5 cm Länge, deren Stich (Wespenverwandte) 24 Stunden lang hohes Fieber und mindestens zwei Wochen lang extrem starke Schmerzen im ganzen Körper verursacht. Kein Mittel hilft dagegen.

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Heinz hat ihre schmerzhafte Bekanntschaft schon zweimal gemacht und weiss, warum er sie fürchtet. Ameisen, Termiten und Spinnen gibt es in Massen. Wir finden auch eine graubraune Vogelspinne mit dickem rostrotem Hinterleib.

Heinz ist Spezialist für das Überleben im Urwald (kann man erlernen) und bringt uns einiges bei. So zeigt er uns auch die Curare-Liane, aus der die Indianer das Pfeilgift gewinnen, mit dem sie vor allem Vögel und Affen jagen. Dieses Gift lähmt die Muskulatur und führt innerhalb kürzester Zeit zum Tod. Es zersetzt sich im Körper aber sehr rasch, so dass das Fleisch der erlegten Tiere nicht giftig ist. Das Gift ist im Körper übrigens nicht nachweisbar, und es hat schon so manchen unaufgeklärten Mord gegeben.

Heinz kam übrigens als junger Mann als Tourist an den Amazonas und hat sofort gewusst, dass er hier leben will. Er ist einige Male hergekommen, bevor er seine Zelte in Österreich abgebrochen hat und nach Manaus gezogen ist. Er hat dort eine Familie gegründet und alles Mögliche gemacht, war Immobilienmakler, Restaurantbesitzer und hatte eine Ziegelei. Erst seit ein paar Jahren arbeitet er auf selbständiger Basis im Tourismus und führt auch Überlebenstrainings im Urwald durch.

Wir lernen auch noch das Urwaldtelefon kennen. Es sind Riesenbäume mit gigantischen Brettwurzeln. Wenn man mit einem Stock an so eine Brettwurzel schlägt, hört man den Knall kilometerweit. Auch viele Medizinpflanzen lernen wir kennen, mit denen die Indianer ihre Krankheiten heilen, sogar Malaria und Krebs. Auch die weltweite Pharmaindustrie macht sich dieses Wissen und die Pflanzen des Regenwaldes schon zu nutze, nicht unbedingt zum Guten für die Einwohner.

Es ist so drückendheiss und schwül, dass wir schon nach kurzer Zeit keine trockene Faser mehr am Leib haben. Aber wir geniessen diesen hochinteressanten Spaziergang, obwohl der Regenwald mit sichtbaren Tieren geizt trotz der unvorstellbaren Artenvielfalt, die es hier gibt. Der Amazonas ist die grösste genetische Schatzkammer der Welt. Aber die meisten Tiere sind perfekt getarnt oder leben oben in den Baumkronen oder sind nachtaktiv. Und scheu sind sie alle. So bekommt ein ungeschultes Auge kaum ein Tier zu Gesicht.