Einen Moment zögert er, dann zeigt er seinen Allerwertesten und verschwindet in den Büschen. Wir drehen ihm den Rücken zu und beginnen beglückt zu den Booten zurück zu wandern. Plötzlich greift Too unser kleines Töchterchen und fängt an zu rennen, uns bedeutend, dass wir auch rennen müssen. Ich blicke mich um, sehe nichts und renne doch, denn Too gestikuliert wild, A. auf dem Arm und rennt und rennt. Am Ufer breche ich zwischen dem mannshohen Schilf in den Schlamm ein, keine Zeit zum Aufhalten. Noch immer weiss ich nicht, woher Gefahr droht. Nur dass sie droht, das spüre ich. Wir springen in die Mokoros, Wasser schwappt hinein, aber zum Ausschöpfen ist keine Zeit. Too stößt das Mokoro heftig fuchtelnd ab, dass der nächste Wasserschwall ins Boot strömt. Und ich versteh das alles nicht, meinte ich uns doch zumindest auf dem Wasser in Sicherheit.

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Aber nein, Too und Jeep staken rasend aufs offene Wasser zu, stoßen zusammen, um die nächste Ladung Nass ins Boot zu lassen, holen in Fahrtrichtung weiter Anlauf, dass die Mokoros pfeilschnell auf dem Wasser dahin sausen, uns in Sicherheit zu bringen. ”Da”, schreit Too, ”Elefant!” Und erst jetzt nehme ich den Riesen hinter mir wahr, der nur Sekunden später am Ufer steht. Er kam vom anderen Ufer, von der Seite, von der ich mich ganz sicher fühlte, weil ich meinte, das Wasser sei eine wirksame Grenze! Doch das Wasser ist nicht tief, die Elefanten waten  durch, erklärt uns Too. Im nächsten Moment wäre der Riese an den Mokoros gewesen. Was hätten wir dann wohl gemacht - Elefant von vorn und Elefant im Rücken?? In Sicherheit - fangen wir an zu lachen, ob unserer nassen Hosen, unserer nassen schlammigen Schuhe, unserer ver­schwitzten Gesichter. Too schöpft Wasser aus dem Mokoro, keckernd flattert der Waffen­kiebitz durch die Lüfte. Und neben uns erstrahlt wieder eine zartblaue Seerose. ”Willkommen im Reich der blauen Seerosen”, flüstert sie, und ich - ich zwinkere ihr zu.
Reisetipp:
Auf den Campingplätzen in Maun werden ein- oder mehrtägige Trips mit traditionellen Mokoros in das Okavango-Delta angeboten, die sehr zu empfehlen sind.

 

 

 

 

 

 

Willkommen im Reich der blauen Seerosen! Lautlos staken unsere afrikanischen Führer Too und Jeep die Mokoros durch das Okavango-Delta. Die Papyrus tanzen im Wind und schwenken ihre weißen Federwedel durch das Blau des Himmels. Aus dem Dickicht des Ufers dringt ein Glockenspiel von Tönen. Ein Ton nach dem anderen tritt aus dem Schilf hervor und schwebt scheinbar über dem Wasser, das sich vor den Mokoros sanft teilt und hinter uns wieder schließt, als wären wir nie da gewesen. Schon wenige Meter nach unserem Start fühle ich mich so unbeschwert wie die Einbäume, die so leicht auf dem Wasser dahingleiten, vorbei an den Seerosen, die langsam ihre Blüten öffnen. Als ich das erste Mal eine blaue Seerose sah, dachte ich, meine Phantasie spielt mir einen Streich. ”Reiß dich zusammen”, sagte ich mir und erblickte im nächsten Moment eine rosane Seerose. Keine verwaschene, keine vergilbte Farbe, sondern ein klares, reines Rosa strahlte mir da entgegen. Und meine Sinne tauchen ein in das Wunderland des Wassers: Ein Graufischer sitzt auf einem Ast über dem Wasser und wartet darauf, dass unter ihm ein Fischlein zuckt. Der Waffenkiebitz blitzt uns schwarz- weiß entgegen, und der Zwerghaubenfischer schnellt mit einem durchdringenden Pfeifton eisblau an uns vorüber. Schneeweiß und still steht der Seidenreiher im Wasser, während der Schlangenadler lautlos über dem Papyros kreist und nach Schlangen Ausschau hält. Es ist eine Welt des Friedens. Weilt man in ihr und lässt sich tragen von der Sanftheit der Stimmung, meint man, nichts könne ihr etwas anhaben. Aber draußen grasen immer näher die Rinder, und immer enger werden die Veterinärzäune ums Delta gezogen. Und das Wasser zieht sich merkwürdigerweise immer mehr zurück. Wir müssen eine Stunde lang durch Mopane-Wald und Trockensavanne - ehemals alles Delta - fahren, ehe wir die ersten Wasserausläufer erreichen.