Der dritte Moment überraschte uns wenig später. Ich war beim Schreiben, als ein Campnachbar zu uns kam und nach Wasser fragte. Der elefantensichere Wasserhahn war schwer zu finden, aber nur zwanzig Meter von uns entfernt. Ins Gespräch gekommen, stellte sich heraus, dass die Deutschen in Benzinnot waren. Sie würden es bis zur nächsten Tankstelle nicht schaffen. Kurz und gut, T. brachte ihnen die zwei Kanister rüber. Und während er fort war, versuchte ich, A. am Feuer zu waschen. Typisch deutsch. Die Nacht war hereingebrochen. Schon da war mir unwohl zumute, als wenn wir beobachtet würden. Ich leuchtete mit der Taschenlampe den Umkreis ab - nichts. „Alles Einbildung“, sagte ich mir, aber dennoch wurde ich nervöser. Ein Knacken -, doch A. schnatterte und erläuterte mir gerade, dass ihre Puppe ein neues T-Shirt bräuchte. Natürlich. Nichts ist wichtiger. Noch ein Hauch von Geräusch - aber es kann auch der Toko sein, der uns vorhin besuchte. Die nächsten Nachbarn waren mit ihren Kindern weit zu hören, ihr Lachen drang zu uns herüber. Kein Grund zur Bange also. Aber beim nächsten Rascheln schnappte ich A. und huschte ins Zelt. Dort fühlten wir uns sicher. Und während ich schreibend auf T. wartete, vergaß ich meine „hellhörigen” Ohren wieder.
 
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Bis T. endlich kam, das Feuer löschte, hin und her lief und plötzlich schlagartig inne hielt. „Hol das Messer raus!“, zischte er dann nämlich leise, „Da ist was am Zelt!“   Und während ich das Messer griff und mit A. in die Zeltmitte auswich, strich etwas die Zeltwand entlang. Groß, dass es die Wand etwas eindrückte. Ich glaube, ich habe unsere Zeltwand noch nie so intensiv gemustert und mir gewünscht, sie könnte einen Moment lang etwas Beton beinhalten. Nur wenige Sekunden Atem anhalten. Ein Rascheln - und das Etwas verschwand. Die Nacht gehört eben dem Busch. Wir sollten uns daran halten.

04. 07. Xananaxa

In dieser Nacht kam kein Löwe, sondern Rambo. Das ist ein Elefant, der seinen Namen nicht zu Unrecht trägt, seinem Benehmen nach zu urteilen. Er kam zu den Nachbarn, die ihre Zelte ca. 100 m von uns entfernt aufgestellt haben, und sein Angriff erfolgte rasch und unvermittelt: Mit einem Mal polterte und schepperte es. Es klang blechern und schallte weit übers Delta. Die Stimmen der Nachbarn drangen zu uns rüber, ein Taschenlampenlicht fuchtelte zwischen Erde und Nachthimmel, zwischen uns und ihnen. Dann Stille. Keine Hilferufe, keine Warnungen. Stille. Ich versuche mir vorzustellen, wohin er nun läuft. In unsere Richtung? All unsere Schutzvorkehrungen erscheinen mir plötzlich mehr als lächerlich: Das kniehohe Dornengestrüpp knistert zwar und kann uns warnen, stellt aber doch für einen Elefanten kein Hindernis dar. Er sieht in der Nacht ohnehin schlecht. Stolpert er also als nächstes über unser Zelt?? Das Obst haben wir schon vor Xakanaxa aufgegessen, der Müll lagert in der beschriebenen luftdicht verschlossenen Box, die Brote in zwei Plastetüten. Doch Elefanten haben einen besseren Geruchssinn als wir. Der Grund, den Allrad eines Bekannten umzuwerfen, waren schlichtweg ein paar alte Kartoffeln, die sich unter dem Sitz versteckt hatten. Wieviel mehr Gründe boten wir da! Ich lausche krampfhaft in die Nacht hinein, aber die Eigengeräusche sind lauter. Und A. schnieft neben mir im tiefen Schlaf. Irgendwo brüllt es im Delta, vermutlich ein Rhino. Und leise beginnt die Erde wieder zu singen. Ein Glockenton ruft den nächsten... und dann stimmen sich die Töne aufeinander ein. Vollmundig und sanft beruhigen sie meine Nerven. Wo so ein Friede ist, kann da Gefahr sein?