Zimbabwe Reisebericht:

Granitburgen und klingende Felsen

Zimbabwe, das „Haus aus Stein“ in einem alten Shona Dialekt, ist ein Land im südlichen Afrika, welches für uns einen ganz besonderen Reiz ausübt, und das trotz seiner turbulenten Vergangenheit und recht komplizierten Gegenwart. Wir haben hier viel Zeit verbracht, sind in die entlegendsten Ecken gereist und haben seine spektakulären Landschaften und freundlichen Einwohner sehr zu schätzen gelernt. Und in diesem Land gibt es einen Ort, der für uns eine ganz besondere Anziehung hat, ein Ort aussergewöhnlicher Schönheit – der Matopos Nationalpark.

Stein auf Stein

Wer das erste Mal in den Matopos Nationalpark fährt, fühlt sich meist wie auf einem völlig anderen Planeten – eine absolut magische Landschaft voller Granitfelsen, „kopjes“ genannt, mit weichen, goldenen Ebenen dazwischen, gespickt mit Akazien und Busch. Es gibt hier Flüsse, kleine Dämme und Seen. Matopos ist wirklich ein Nationalpark der anderen Art, Besucher kommen nicht unbedingt wegen der Wildtiere hierher, auch wenn hier angeblich die höchste Leopardenkonzentration Zimbabwes  lebt, vielmehr aber kommen sie wegen etwas viel geheimnissvollerem und mystischerem – den jahrtausende alten Spuren einer Jäger- und Sammlerzivilisation. Die Gesamtfläche des Matopos dehnt sich über 3100 km2 aus, jedoch sind nur 424 km2 als Nationalpark deklariert – das aber schon seit 1926. Damit ist es der älteste Park Simbabwes, der sogar wegen seines einmaligen, kulturellen Reichtums als Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt ist.

Als wir durch den Park fahren, so spielt unsere Fantasie absolut verrückt, die Felsen sehen auf einmal aus wie Burgruinen, Kamele, Pilze oder gar Menschen, manchmal balancieren die grossen, runden Felsbrocken delikat aufeinander. Schon von Weitem können wir eines der felsigen Symbole des Matopos erkennen – „Mutter und Kind“. Dem Entdecker Sir John Cecil Rhodes, der der früheren britischen Kolonie Rhodesien seinen Namen gab, war von dieser Gegend so beeindruckt, dass er sich hier in diesen Granitbergen begraben liess.

Die faszinierende Landschaft wurde über Millionen Jahre geformt, indem die Zeit Wind und Wasser als seine Werkzeuge benutzte, um diese Felsen durch Erosion zu formen. Dies erschuf eine Szenerie voller Überhänge, Höhlen, Türme und aufeinander ruhenden Felsen – ein perfekter Platz für die erste menschliche Besiedlung. Die ersten und wahren Einwohner des südlichen Afrika – die San oder Khoisan, haben in ganz Simbabwe ihre Spuren hinterlassen, die höchste Konzentration an Felsmalereien ist jedoch im Matopos zu finden. Diese sind zwischen 2000 – 6000 Jahre alt, und wenn man ihr Alter bedenkt, noch in einem sehr guten Zustand.

Bemalter Fels

Warum aber hatten die San gerade diese Gegend als ihr Revier auserwählt? Da sie Jäger und Sammler waren, waren sie auf eine konstante Versorgung mit Nahrung angewiesen, da sie keine Kulturpflanzen und Viehzucht kannten. Sie lebten nur von dem, was das Land hergab, sammelten wilde Pflanzen, Früchte und Nüsse und fingen und jagten Wildtiere. Matopos hat von jenem alles, denn es ist wie ein eigenes, kleines Ökosystem, gesäumt und geschützt von den umliegenden Granitbergen. Hier gibt es genügend Wasser und somit auch genügend Pflanzen und Tiere. Die Vielzahl der Felsmalereien in dieser Gegend ist ein sicherer Beweis dafür. Die San lebten in kleinen Gruppen bis 25 Personen, meist konnten sie die natürlichen Höhlen des Matopos als Unterschlupf nutzen. Und genau in solchen Plätzen findet man diese geheimnissvollen und befremdlich wirkenden Malereien. Zumeist gemalt von den Schamanen dieser Sangruppen sind diese Zeichnungen das kulturelle Erbe dieser Stämme, ihre „Sprache“ und ihre Visionen. Viele dieser Malereien beschäftigen sich mit dem Alltagsleben der San und man bekommt einen guten Eindruck dessen, wie ihr Leben verlief. Es wird dann schon etwas komplizierter, sich ihre spirituelle Welt vorzustellen, wenn man vor grossen Menschen mit Antilopenköpfen steht oder sich riesige Schlangen anschaut, die Menschen tragen und neben denen grosse, ovale Gebilde liegen. Zum Einen ist es faszinierend, zum Anderen sehr verwirrend für „moderne“ Menschen wie uns. Wenn man sich verschiedene Orte mit Malereien anschaut, dann stellt man auch fest, dass sich viele Stile unterscheiden, dass es eine Art Fortschritt und Entwicklung in dieser Kunst gibt, in etwa vergleichbar mit der Entwicklung unserer gemalten Kunst über Jahrhunderte gesehen.

In der Siloswane Höhle zum Beispiel hat es eine Weile gedauert, bis wir herausfanden, dass diese grossen, weissen Pferde mit Hörnern eigentlich Elefanten sind. Also sicher eine etwas ältere Malerei. In einigen anderen, kleineren Höhlen stehen wir dann vor gemalten Zebras und bewundern die feinen, realitätsnahen Linien.

Archäologische Ausgrabungen in diesen Höhlen haben viele Artefakten ans Licht gebracht, von Pfeilspitzen aus Feuerstein bis hin zu einfachen Steinwerkzeugen oder Perlen – diese Dinge kann man sich im Museum des Nationalparks an der Pomongwe Höhle anschauen, sowie einen recht guten Einblick in das Leben der frühen Jäger und Sammler bekommen.

Es gibt im Matopos einige sehr grosse und bekannte Höhlen, diese sind vielbesucht und leider auch sehr stark beschädigt, sowohl von Wissenschaftlern, die Stückchen aus dem Granit hacken oder von Besuchern, die meinen, sich in Holzkohle quer über die Felszeichnung zu verewigen. Alles in Allem eine sehr traurige Konsequenz des Tourismus. Solche Höhlen wie Nswatugi, Pomongwe, Siloswane sind sehr bekannt, aber manchmal lohnt es sich, nach den kleineren und schlechter zugänglichen Höhlen Ausschau zu halten, weil dort die Zeichnungen meist in besserem Zustand sind. Die Bambata Höhle ist ein gutes Beispiel, die liegt hoch oben auf einem Berg und kann nur nach einem etwas anstrengenden Fussmarsch erreicht werden, wenn man dann aber hoch oben vor der Höhle steht und über das umliegende Land schaut, versteht man schnell, warum die San sich solche Plätze ausgesucht hatten – die Magie hier ist unvergesslich und der Ausblick ist atemberaubend.

Wir haben unser Camp am Maleme Staudamm ein paar Kilometer vom Besucherzentrum aufgeschlagen, von hier aus fahren wir jeden Morgen los, um die Granithügel des Matopos zu erkunden und noch mehr Malereien zu entdecken. Das Gefühl ist unbeschreiblich, zu den Schreien des Chacma Pavians aufzuwachen und ihre Silhouetten hoch oben auf den Felsen über dem Camp sitzen zu sehen.

Felsen, die singen

Während unseres Besuches im Matopos gab es neben den Felsmalereien noch eine Sache, die uns faszinierte und die fast keiner kannte – die Felsgongs. Graham konnte sich erinnern, als kleiner Junge dort gewesen zu sein, aber er wusste nicht mehr genau, wo sie zu finden waren.

Das sollte also unsere eigene, kleine Expedition werden mit dem Ziel, diese Felsen tief im Inneren des Matopos zu finden. Das Einzige, an was sich Graham erinnern konnte, war die kleine Abbiegung von dem Haupttrack, der durch den Park führt. Die fanden wir nach einigem Suchen. Der Weg, dem wir folgten, war jedoch mehr oder weniger ein Pfad, der bald fast völlig unsichtbar wurde, wir kamen nur noch im Schrittempo voran, drängten unsere Wagen durch mannshohes Gras und dichtes Gebüsch. Oft mussten wir erst die Strecke ablaufen, um nicht in Löcher zu fallen oder uns den Unterboden an grossen Felsbrocken aufzureissen. Das Gute jedoch war, dass wir mit 2 Autos unterwegs waren, da steigt das Selbstbewusstsein und man fühlt sich wirklich wie ein Abenteurer und Entdecker. Je mehr wir in die Tiefen des Matopos auf diese Weise vordrangen, umso mehr fühlten wir uns wie in einer anderen Zeit auf einem fremden Planeten, manchmal umgaben uns enge Schluchten, die sich dann in weite Ebenen mit atemberaubenden Ausblicken öffneten – und in denen riesige „Granitburgen“ zu unseren Füssen lagen. Da Graham sich teilweise an bestimmte, markante Felsformationen erinnern konnte, waren wir also auf dem richtigen Weg. Bald jedoch kamen wir auf eine kleine Ebene, die von hoch aufragenden Felsen umringt war. Sollte dies das Ende unserer Expedition „Singender Felsen“ sein? Auf einmal sahen wir eine Bewegung auf der anderen Seite der Ebene – Einheimische, die sich hier Gras für die Dächer ihrer Hütten abschnitten. Da diese kein Englisch sprachen, versuchte sich Graham in ein paar Brocken des lokalen Dialektes – und Bingo! Sie wussten wovon wir sprachen, eine alte Frau wies in eine Richtung, unsere Aufregung wuchs. Nach weiteren 20 Minuten zu Fuss und weiteren 3 Felsmalereien, die garantiert noch kein Besucher gesehen hatte, sahen wir sie schon von Weitem – die Felsgongs oder „singenden Felsen“. Graham und Rene fingen sofort an, mit Gesteinsbrocken und Hölzern auf diese Felsen zu hämmern, der Klang war metallisch und trommelartig. Die Legenden besagen, dass diese Gongs dazu benutzt wurden, umliegende Stämme zusammenzurufen oder sie als Musikinstrument für die Zeremonien der Einheimischen zu verwenden. Unzählige schüsselartige Vertiefungen in diesen Felsen zeugten von jahrhundertelanger Bearbeitung und Nutzung. Mit Bewunderung standen wir an diesem Ort, nicht viele Menschen wissen um dieses Geheimnis des Matopos. Für uns war diese Entdeckung ein weiterer Punkt, der zur Schönheit und Mystik dieses Parkes beitrug.

Als wir nach einer Woche wieder in Richtung Zivilisation aufbrachen, fühlten wir uns doch etwas wehmütig, denn dieser fantastische Park hatte uns mit seiner Einzigartigkeit tief in seinen Bann gezogen.

Rene Bauer and Andrea Kaucka   www.ourwildjourney.com