So lange, bis ein Finnwal unseren Weg kreuzt. Er ist doppelt so groß und damit  doppelt so interessant. Jedenfalls aus Touristensicht. Bis zu 24 Meter können die Tiere werden. Dabei bringen sie fast 70 Tonnen auf die Wage – mehr als 50 VW Golf. Kein Wunder, dass das Auftauchen seines dunkelgrauen Körpers für Begeisterung sorgt.

Trotz allen Enthusiasmus: Es wird kalt. Saukalt. Inzwischen sind einige große Wellen in unser Boot geschwappt. Sie haben meine Turnschuhe, die Ärmel meiner Jacke und meine Mütze durchtränkt. Meine Finger sind so starr, dass sie kaum noch den Auslöser der Kamera drücken können. Ich zittere und versuche, meine Füße warm zu schütteln. Es klappt nicht. Ich zittere weiter und bin keinesfalls enttäuscht, als unser Bootsführer wendet und Richtung Hafen steuert.

Erst als er an der Einfahrt vorbeifährt, schrecke ich enttäuscht aus meiner Starre auf. Von der aufgewühlten Flussmündung geht es in einen ruhigen Seitenarm. Meine ersehnte heiße Dusche und die traumhafte Tasse Tee sind plötzlich in weite Ferne gerückt. Wieder verfluche ich die Bootseigner. „Jetzt müssen sie mir aber wirklich was bieten, um diesen Umweg zu rechtfertigen!“, denke ich noch gereizt. Doch meine Gedanken werden schnell leise. Genauso wie der abgestellte Motor. Denn das Schauspiel beginnt.

In der Ferne ist eine Gruppe Belugas aufgetaucht. Sechs oder acht, vielleicht auch wesentlich mehr. Elegant drehen sie ihre Atemrollen.

{{g_ads}}

Als sie unser Schiff bemerken, halten einige der Weißwale auf uns zu. Sie kommen langsam heran. Näher und noch näher. Und plötzlich sind sie um uns. Überall. Man hört sie von allen Seiten prusten und schnauben. Rund ums Boot tauchen die hellweißen Körper auf. Sie sind neugierig.

Ich bin es auch und tauche meine Hand ins Wasser. Zwei der weißen Tiere schwimmen heran. Vielleicht sind sie noch fünfzehn Zentimeter von mir entfernt, vielleicht auch dreißig. Egal, sie sind nah, unglaublich nah.

Dieser Moment entschädigt für alles. Für jede Kälte, jeden Schmerz in den klammen Zehen, jede bange Minute des Wartens. Dennoch fließt das Glück nicht. Noch nicht. Erst als ich eine Stunde später zurück im Hotel bin, als ich die nassen Kleider abgelegt habe, auf dem Rand der Badewanne sitze und die froststarren Füße ins warme Wasser halte, erst da bebe ich nicht mehr vor Kälte, sondern aus Freude. Jetzt beginnt die Euphorie.