Wir fahren immer am linken Ufer ostwärts an Manaus vorbei, sehen Boote, Schiffchen, Riesencontainerschiffe und grosse Tanker. In der Raffinerie von Manaus wird das Rohöl in Benzin und Diesel verwandelt und von hier aus wird das gesamte Amazonasgebiet bis nach Peru und Bolivien beliefert. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus. Unser kleines Schiff wird von einer Frau gesteuert. Sie lebt auf und von diesem Schiff mit ihrer Familie.

Heinz zeigt uns anhand einer grossen Karte die brasilianischen Staaten und vor allem den Staat Amazonas. Hier ist der Holzeinschlag in den letzten Jahren um sage und schreibe 60 Prozent zurückgegangen. Dafür wurden viele Nationalparks gegründet, um die Natur zu erhalten und auch den Indianern wieder Lebensraum zu geben. In anderen Staaten, vor allem Mato Grosso und Rondovia hingegen ist die Abholzung leider ganz schlimm. Allen voran Holzkonzerne aus der Schweiz und Holland schlagen hier gewaltige Wunden in den Regenwald.

Im ganzen Bundesstaat Amazonas, der viermal so gross wie Deutschland ist, leben nur drei Millionen Menschen, davon allein zwei Millionen in Manaus, das heisst, dass hier nur 2 Menschen pro Quadratkilometer leben. Es gibt heute noch viele völlig unerforschte Gebiete, und immer wieder werden neue Tiere und Pflanzen entdeckt. Erst vor kurzem wurde ein bislang unbekannter Indianerstamm gefunden. Brasilien setzt inzwischen sehr stark auf den Öko-Tourismus, der immerhin schon 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht. Und Touristen wollen vor allem intakte Natur, Wälder und Tiere sehen.

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Wir legen an und besuchen ein typisches Caboclodorf. Caboclos nennt man Mischlinge von Weissen und Indianern. In diesem Dorf stehen die Holzhütten alle auf Stelzen, es ist ein sehr einfaches Leben. Hier wird uns die Kautschukgewinnung vorgeführt. Eine ganz mühsame Angelegenheit. Heute kann davon keiner mehr leben. Es ist sehr schwülheiss an Land, und nachdem wir den Frauen und Kindern ein paar selbstgemachte Ketten und Arapaima-Schuppen abgekauft haben, sind wir über den Fahrtwind an Bord sehr froh. Der Arapaimafisch hat riesengrosse, verhornte Schuppen in weiss mit grauer Kuppe. Ich wäre nie darauf gekommen, dass ein Fisch solche Schuppen haben kann.

Etwa acht Kilometer hinter Manaus bietet sich uns ein fast unbeschreibliches Naturschauspiel, das ungeheuer beeindruckend ist. Es ist der Zusammenfluss der beiden Riesenströme Rio Negro und Rio Solimoes, der erst ab hier auch von den Brasilianern Rio Amazonas genannt wird. Wir fuhren bisher auf dem Schwarzwasserfluss Rio Negro, der klares, fast schwarzes Wasser führt. Der Rio Solimoes hingegen ist ein Weisswasserfluss, der in den Anden Perus entspringt und damit der eigentliche Amazonas ist. Er enthält viele Schwemm- und Schwebstoffe, die ihn schmutzigbraun färben. Nun treffen diese beiden Flüsse aufeinander und fliessen noch etwa 15 Kilometer farblich getrennt nebeneinander her, bis sie sich schliesslich vermischen. Die Wassermengen dieser beiden Flüsse sind schon beeindruckend genug, aber erst die farbliche Trennlinie, auf der wir fuhren, ist atemberaubend. Man kann gar nicht glauben, dass sich das Wasser nicht vermischt. Hier das schwarze Wasser, daneben das schlammigbraune. Dass sich die Wasser nicht sofort vermischen, liegt an der verschiedenen Zusammensetzung und Fliessgeschwindigkeit des Wassers. Wie auch immer, dieses Schauspiel ist phänomenal. Ich fand es einfach überwältigend.