Dort oben erwartet uns ein buntes, riesiges Multinationensternenguckerkonglomerat: Afrika, Asien, Amerika und Europa, aus fast allen Kontinenten sind sie gekommen, in fast allen Ausprägungen des Begriffs 'Zeltlager' wohnen sie. Von einfachen 'Hundehütten' bis hin zu Beduinenzelten, die mit Teppichen auslegt oder mit komfortablen Feldbettvarianten mit Duschcontainern ausgestattet sind. Dazwischen große, halb offene, bunt geschmückte Essenszelte für hunderte von Personen, ausstaffiert mit orientalischen Sitzmöbeln, Tischen und Büffetaufbauten. Es gibt Strom und jede Menge original Dixie-Klos aus Deutschland. Ich stellte mir den Frachter vor, der die ganzen hellblauen Boxen hertransportiert hat und fragte mich, was mit all dem hier passiert, wenn die Sonnenfinsternis vorbei ist. Wenn ich es richtig verstanden habe, werden die nicht mehr gebrauchten Zelte etc. zumindest verteilt (die Dixie-Klos zurückgeschickt, vermute ich mal).
 
Das Wetter: durchwachsen, viele Wolken. Besorgte Gesichter Richtung Himmel. Die Unerschütterlichen glauben fest an die Prophezeiung des Wetterberichts, der für morgen die Ankunft eines Hochs vorhersagt.
 
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Das Terrain: Wüste, hart und steinig. Noch etwas mehr Rot in der Grundierung und alle hätten geschworen, hier sei der Mars. Im Unterschied zum Mars blühen jedoch gelbe, weiße und pinke Blumen. In letzter Zeit hat es offenbar geregnet.
 
Unser Camp: Wir sind das Erdbeerlager in der Europazone mit knallroten Kugelzelten. Alles perfekt - bis auf die Tatsache, dass es keine Isomatten gibt. Die ursprünglichen Zelte sind anscheinend im Zoll hängen geblieben.
 
 
Mittwoch, 29. März 2006, 8 Uhr
 
Die Nacht war eine echte Herausforderung für Mensch und Material. Bekanntlich sinkt die Außentemperatur in der Wüste nachts markant. Und die Steine, auf denen wir ohne Isomatte schlafen sollten, sind keine weichen, keine kleinen und auch keine runden. Jeder, der nicht optimal ausgestattet ist, hatte so seine Strategie. Ich versuchte es mit Badetuch, Jacke und allen gefalteten Kleidungsstücken unter dem Schlafsack als Matratze. Das ging ganz gut, nachdem ich die Vorstellung von schwarzen und gelben Skorpionen, die nachts wärmesuchend durchs Zelt krabbeln, endlich aus meinem Kopf gebannt hatte.
 
Andere verbrachten die halbe Nacht im großen Essenszelt. Dort hielt sich die kollektive Restwärme noch über Stunden. Einige stellten ihre Teleskope auf und beobachteten die Sterne, denn langsam klarte es auf. Saturn stand fast im Zenith. Ich sah zum ersten Mal die Ringe und an anderer Stelle drei Jupitermonde. Vom Erdmond war natürlich nichts zu sehen, denn der soll gefälligst die Neumondphase zu durchlaufen.
 
Die erwartete Sternenpracht über der Wüste konnte man getrost vergessen. In dem bestimmt zwanzig Hektar großen Lager glühten so viele Lichter wie auf einer mitteleuropäischen Dorfkirmes. In manchen Zelten gab es Trommelgruppen, in anderen wurde getanzt, wieder anderswo liefen Vorträge. Es herrschte intensiver, kultur-astronomischer Austausch. Wider Erwarten schlief ich ganz gut.