Vorhin nur ein Schreck, als ich zum ersten Mal aus dem Zelt lugte: nass, alles klatschnass und keine Sonne. Noch nicht einmal Himmel. Als die Brille auf der Nase saß, relativierte sich das Gesehene. Es waren lediglich der Nebel und der starke Tau. Irgendwo dahinter hing die noch träge Sonne, bleich, wie in Kamelmilch getaucht, wenn man das so sagen darf.
 
9 Uhr
 
Ich breche dann mal auf, mir einen Überblick zu verschaffen. Planet As Sallum.
 
Langsam aber sicher klart das Wetter auf. Bis zum Beginn der Sonnenfinsternis wird sich ein blauer, wolkenloser Himmel über der Ebene ausspannen. Das Camp ist rundum abgesperrt und bewacht - damit sich keiner verläuft, nehme ich an.
 
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Überall ist eine geschäftige Unruhe zu verspüren. Die Stimmung eines besonderen Tages erfüllt die Luft. Sie durchwabbert den sich auflösenden Frühnebel, schwingt in den Stimmen der SoFi-Fahrer mit, die über die Ebene hallen und wird stärker, je klarer sich das Sonnenrund am Himmel absetzt, je weiter es aufsteigt.
 
Überall, wo ich hinkomme, das gleiche Bild: Die Leute justieren ihre Stative, Einzelteile der Ausrüstung werden überprüft. Probeweise setzt man die Sonnenfinsternisbrillen auf und blickt hoffnungsfroh nach oben. Es wird beratschlagt und geredet. Schließlich dauert das eigentliche Ereignis noch nicht einmal vier Minuten, und eine zweite Vorstellung wird es nicht geben.
 
Irgendwann entdecke ich ein zweites, umzäuntes deutsches Lager. Dort geben sich ZDF und VOX die Zeltplane in die Hand, und die Fernrohre sind größer als irgendwo sonst.
 
Als ich in unser Camp zurückkehre, sind wir auch von den Medien entdeckt worden. Voice of America bemüht sich gerade darum, von einem Wiener Astronomieprofessor ein Statement zum Phänomen der fliegenden Schatten zu erhalten.
 
11 Uhr
 
Zeit, eigene Vorbereitungen zu treffen. Ich brauche ein Stativ. In Ägypten baut man Pyramiden, also schichte ich eine kleine Stein-Stufenpyramide auf. Darauf wird ein 3-Bein-Stativ platziert, das ein Schweizer aus unserer Gruppe freundlicherweise geliehen hat. Daran lässt sich das vergleichsweise mickrige 200mm Tele-Objektiv befestigen. Ich werde versuchen, alle fünf Minuten eine Aufnahme zu machen.
 
Eben gab es noch ein kleines Problem mit meiner importierten Goldfolie aus dem Unfallkasten. Welcher Filterstärke entspricht sie? Mehrere Vergleichstests mit genormten Brillen ergeben, dass eine zweifache Faltung der Folie etwa einem Filter der Stufe 5 entspricht. Prima! Jetzt kann ich Blenden- und Belichtungszeiten abschätzen.