Kontrastprogramm am nächsten Tag ist ein Rundgang durch Nima, einem Stadtviertel, in dem die Menschen in sehr einfachen Verhältnissen leben. Einige Ecken sind sauberer als andere, viel Müll liegt überall, vor allem in dem kleinen Rinnsal, das durch das Viertel fließt, und um überquellende Müllcontainer herum. Kein Baum und keine Blume weit und breit. Lachende Kinder begleiten uns bei dem Rundgang und posieren für Fotos. Das ist das Bild, das viele sowieso von Afrika haben und die Realität vieler Afrikaner widerspiegelt. Wir aber sind dort, um weitere Gesichter Afrikas kennen zu lernen und für einen genaueren Blick auf die Vielseitigkeit und die Dynamik vieler Länder Afrikas zu werben. Daher ist es auch so wertvoll, viele Afrikaner – allesamt Studenten der Politikwissenschaft, Jura oder Wirtschaft – in der Gruppe zu haben. Wir quetschen uns gegenseitig aus, bewerten die neuen Erfahrungen gemeinsam, stellen unsere Weltsicht in Frage.
 
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Das Programm ist Teil der Initiative von Bundespräsident Horst Köhler einer Partnerschaft mit Afrika und will etwas gegen das verzerrte Bild von Afrika in Deutschland und von Deutschland in Afrika unternehmen. Eine Begegnung auf Augenhöhe und ein gemeinsames Erforschen der Geschichte, Politik, Kultur und der natürlichen Umwelt des jeweils anderen hat sich dafür als äußerst effektiv erwiesen. Entworfen und umgesetzt wurde das Programm von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. Das erste Mal fand es 2007 statt, damals ging es nach dem Deutschlandprogramm in den Süden Afrikas – nach Namibia. Das zweite Mal stand das östliche Afrika auf dem Programm und die Teilnehmer fuhren nach Tansania und Uganda. Und dieses Jahr ist Westafrika an der Reihe, bevor es nächstes Jahr wieder in den Süden, in die Republik Südafrika gehen wird. Ein großer Teil der Studienreisen besteht aus Empfängen, Vorträgen und spannenden Diskussionen. Zwischen den Terminen bleibt uns aber genügend Zeit, besonders eindrucksvolle Orte und die Natur in den Ländern, und auch diesmal in Ghana und Nigeria, zu erkunden.
 
Die Reise führt uns bald weiter nach Westen, zum Cape Coast Castle und zum Fort von Elmina. Das eine der beiden kalkweißen Kastelle war noch von den Schweden, das andere von den Portugiesen erbaut worden, die ihre ersten Handelsstützpunkte dort aufgeschlagen hatten. Seit 1664 hatten jedoch die Briten, dann bereits Kolonialherren in der Gegend, in Cape Coast Castle den Rohstoff- und später auch den Sklavenhandel abgewickelt. Bei der Besichtigung der dunklen Kellergewölbe kann ich mich dem mulmigen Gefühl, die die alten Gemäuer ausstrahlen, nicht erwehren. Es ist ein schrecklicher Ort. Am Boden klebt noch eine feste Masse Dreck: „Exkremente, Blut, Hautfetzen“, so der Reiseführer, der uns durch die Räume begleitet. Das habe eine DNA-Analyse bestätigt. Die 30 Teilnehmer der Reise schweigen bedrückt. Viele der Gefangenen, die jeweils mehrere Monate lang zu Hunderten in diesen Verliesen zusammengepfercht waren, sind gestorben. Sie sind gar nicht erst durch das „Tor ohne Rückkehr“ gegangen, das zu den Schiffen und damit auf die harte Fahrt nach Übersee in die Sklavenarbeit führte. Ihre Leichen wurden über die Burgmauern ins Meer geworfen, was damals zu einer hohen Haifischpopulation an der Küste geführt hatte.