Nach etwa drei anstrengenden Stunden und circa 600 zurückgelegten Höhenmetern legten wir eine kleine Mittagspause ein. Von „unserem“ Berg war bis dahin noch nichts zu sehen. Auf einem umgestürzten Baumstamm und auf dem Boden sitzend machten wir es uns zwischen Farnen und orchideenartigen Blumen bequem. Wir stärkten uns mit Apfelsinen, Bananen, Tomaten und Weißbrot. Auch die Träger pausierten und ließen uns freundlicherweise einen kleinen Vorsprung auf dem Rest der heutigen Etappe.

 Kilimanjaro

Ab da wurde der Wald  merklich lichter und die Bäume sahen immer  mickeriger aus. Es gab kaum noch Farne, sie wurden durch meterhohes Gras verdrängt. Der Weg war mittlerweile trocken und ganz gut begehbar, aber ziemlich steil, und bei dem Gedanken, dass es nach oben hin bestimmt nicht leichter werden würde, kamen mir zum ersten Mal Zweifel, ob ich es jemals schaffen würde. Thomas, unser Stuttgarter Redakteur, stellte irgendwann erleichtert fest, dass wir uns nun schon über den Wolken befänden, was uns in Aussicht stellen ließ, dass wir von dort an trockenen Fußes unser erstes Lager  erreichen würden.

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Ab und zu, wenn die Bäume mir den Weg frei gaben, stand ich einfach nur da und ließ den Blick über die Wolken hinweg schweifen. Wie ein Meer aus Watte türmten sich die Wolkenberge auf, und ich hoffte, endlich einen Blick auf das „Dach Afrikas“ zu erhaschen. Bis dahin habe ich den Kilimanjaro  nämlich noch nicht zu Gesicht bekommen. Aber die Chancen standen schlecht, ich wusste ja noch nicht einmal die Richtung, in der ich den Gipfel suchen musste. Der Weg hat mir ganz schön zu schaffen gemacht, auch wenn er immer trockener wurde, so wurde er doch auch immer steiler. Thomas, der bis dahin  immer nur ein paar Schritte vor mir ging, verschwand langsam außer Sichtweite, und für die vielen Pausen, die ich machte, schob ich einfach das Interesse an der Vegetation vor, um nicht zugeben zu müssen, dass ich einfach nicht mehr konnte. Ich hatte schon ein ziemlich komisches Gefühl, als ich so ganz allein durch den Bergwald lief, und keinen Menschen mehr vor mir hatte, und auch nicht wusste, wie weit die anderen hinter mir waren. Die Stille des Waldes war fast schon unheimlich, noch nicht einmal einen Vogel hörte ich zwitschern. Überhaupt war es die ganze Zeit über sehr ruhig gewesen. Den Bergregenwald hatte ich mir immer viel belebter vorgestellt, von wegen dass da die Vöglein singen und Äffchen kreischen und jede Menge Insekten summen. Allerdings habe ich  die Insekten nicht so sehr vermisst einige können nämlich stechen. Viel mehr kreisten jetzt meine Gedanken um die Möglichkeit, vom Weg abzukommen, und mich zu verlaufen. Als ich mal wieder eine Verschnaufpause einlegte, holte mich Michael ein, der auch mutterseelen allein den Weg entlang gestapft kam. Also war ich immer noch auf dem richtigen Weg, oder aber er hatte sich auch verlaufen. Über die Stille war er genauso verwundert wie ich, seine Vorstellung vom Regenwald wich in dieser Hinsicht auch von der Wirklichkeit ab.