Schließlich ist unser Abendessen fertig, das aus gegrilltem Hecht mit Pilzreis besteht. Auch einige Mongolen werden zum Essen eingeladen, aber sie nehmen nur den Reis. Beim folgenden Wodka, Bier und Zigaretten sagen sie aber nicht nein.

Hier wird für uns die Toilettensuche etwas schwierig, denn überall in Sichtweite stehen Jurten, und so müssen wir wohl oder übel auf die windumtosten Hügel klettern und uns dort Nischen suchen. Dafür haben wir aber eine grandiose Aussicht auf den See und die umliegenden Berge und den Gewitterhimmel. Hier am See liegen viele Skelette, denn in dieser Höhe ist der Winter wohl besonders hart gewesen. Insgesamt hat die Mongolei im letzten Winter 7 Mio. Tiere verloren durch Frost und Hunger. Hier gibt es auch sehr viele Wölfe, die die Herden zusätzlich dezimieren, und fast alle Mongolen haben deswegen ein Gewehr. Dieses Hochtal wird hauptsächlich als Sommerweide genutzt. Ab Oktober beginnt der Winter, und die Menschen ziehen dann mit ihren schnell abzubauenden Jurten in tiefer gelegene Gegenden.

Wir sitzen im abendlichen Seidenlicht und genießen den Blick über den See, als die große Yakherde an uns vorbeizieht. Sie werden von den Hirten zu den Jurten getrieben, damit die Kühe gemolken werden können. Yakbutter ist sehr intensiv gelb, weil viel fetthaltiger als normale Kuhmilch, und das Fleisch schmeckt dank der natürlichen Kräuterernährung ebenfalls hervorragend, wie wir später noch feststellen konnten.

 

Hier fließt der Tamir, ein Gebirgsfluß, der bis zu 70 m breit ist und in den Orchon mündet. Unser heutiger Übernachtungsplatz liegt in einem Jurtencamp, wo wir zu unserer Freude auch Duschen vorfinden. Auch Jurten kann man mieten. Überall um uns herum laufen Yaks, Pferde, Ziegen und Schafe. Einige Mongolen bieten ihre Pferde zum reiten an, und nachdem unser Fahrer Horst einen rasanten Galopp um das Camp hinlegt, probiere ich es auch einmal. Ich habe einen schönen Braunen, mit dem ich erst zum Fluß und durch die Aue reite, dann ein Stück durch die Steppe und um große Herden herum. Leider bringe ich mein Pferd jedoch nicht zum Galoppieren, obwohl ich Mord und Brand schreie und alles mögliche probiere, er trabt halt nur, das allerdings sehr flott, und ich spüre, wie der elendharte Holzsattel die Innenseiten meiner Oberschenkel malträtiert. Als ich schließlich wieder im Camp ankomme und anschließend meine Beine anschaue, entdecke ich an beiden Oberschenkeln faustgroße, blutunterlaufene Druckstellen, die noch tagelang in allen Farbtönen schillern. Also sind diese Sättel doch Folterwerkzeuge, und ich lasse das künftig lieber sein.

Als ich am nächsten Morgen um 6.00 Uhr aus meinem Kojenfenster schaue, sehe ich viele Pferde, die rund um unser Rotel friedlich grasen. Was für eine Kulisse! Auch später beim Frühstück an diesem schönen, klaren Morgen sind wir wieder von vielen Tieren umgeben, das empfinde ich geradezu paradiesisch. Auch auf der Weiterfahrt in Richtung Vulkansee Terchijn Zagaan nuur begegnen uns sehr viele Yak- und Pferdeherden, auch Murmeltiere sehen wir hier, die bei den Mongolen als absoluter Leckerbissen gelten. Die Murmeltiere sind allerdings auch Überträger der Pest, die in der Mongolei immer wieder mal ausbricht. Wenn dies der Fall ist, wird ein bestimmtes Gebiet eine zeitlang unter Quarantäne gestellt, bis die Erreger abgestorben sind mangels Ausbreitung in diesem dünnbesiedelten Land.