Es ist ein bestialisches, langwieriges Gemetzel. Viele Wale werden gleichzeitig abgeschlachtet, die toten mit einer Signalflagge markiert und – da sie nicht untergehen – per Seil an Land gezogen. Am Schluss des Films der Satz des Kommentators, dass „…. die Kunst des Walfangs bald ein Ende haben könnte.“ 1986 war es auf Pico dann soweit. Die Jagd war unrentabel geworden, das aus dem Walfett gewonnene Öl nicht mehr konkurrenzfähig mit den industriell hergestellten Ölen.

Unter den Exponaten sind viele Schnitzereien auf Knochen und Zähnen von Walen. Kunstvoll, aber auch traurig. Nur einer der Künstler beschäftigt sich bei seinem Motiv mit den Gefahren des Walfangs: Eine riesige Fluke neben einem gekenterten Boot – herabstürzende, durch die Luft fliegende Fischer – einer, der bereits in der stürmischen See ertrinkt, die Arme Hilfe suchend nach oben gereckt.

In einer der Vitrinen liegt etwas, das ich für ein geschrumpeltes Pottwal-Baby halte, ca. 50 cm lang. Später in der base lese ich in einem Buch, dass Pottwale bei der Geburt um die 4 m lang sind. Es muss sich bei dem Exponat also um den Embryo aus dem Leib einer getöteten Walkuh gehandelt haben.

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Nachdenklich verlasse ich das Museum und versuche mir vorzustellen, wie ich mich als Kind gefühlt hätte, wenn mein Vater immer wieder aufs Meer hinaus fährt und ich nie weiß, ob er zurückkommt. Und was geschah mit den Familien, deren Väter tatsächlich für immer verschwanden? Wie haben sich solche Erfahrungen auf die Menschen hier ausgewirkt? Hat es sie verhärtet oder haben sie es als Schicksal einfach so hingenommen?

Ich gebe die beiden ausgeliehenen Bücher in der base zurück und stöbere ich weiter. Ein großer Bildband mit viel erklärenden Texten erscheint mir genau das Richtige. „Das große Buch der Delfine“ (Dauphins en Libertée) von Gérard Soury. Das Buch ist, wie sich bald herausstellt, ein Glücksgriff. Neben ausführlichen Fakten zur Entwicklungsgeschichte und Anatomie erzählt Soury wunderschöne Geschichten über seine weltweiten Begegnungen mit Delfinen. Als Vorwort hat Soury die Rede des Häuptlings Seattle gewählt, die ebenso einfach wie aufrüttelnd ist. Sie endet mit den mahnenden Worten: Wo ist das Dickicht? Verschwunden. Wo ist der Adler? Verschwunden. Das ist das Ende des Lebens und der Beginn des Überlebens. (1854)

Als ich gegen 17.00 Uhr Appetit auf Kräcker bekomme und beide Supermärkte geschlossen finde, beantwortet sich die Frage nach dem Warum und den Halbmastflaggen vor der Polizeistation auf dem Weg vorbei an der Kirche: Eine Beerdigung. Und das ganze Dorf ist dabei.