Kelly hockt sich auf einen Stein. Schweißtropfen kann ich bei ihm nicht erkennen. Er trinkt einen winzigen Schluck, dann zündet er sich eine seiner Zigaretten an und - schweigt. In Zeitungspapier ist sein Tabak gedreht, ungefähr 10 Zentimeter lang, das Ganze nennen sie hier spears. Diegibt es für wenig Geld am Kiosk. Dass wir während der nächsten Tage keinen Kiosk erwarten können, zeigt der Zigarettenvorrat von Kelly. Er zieht kurz und heftig, das Zeitungspapier glimmt auf und mir kommen Gedanken, dass Druckerschwärze eigentlich nicht gesund sein kann. Wir, das sind noch Martin und Andreas, wollen wissen, wie weit es noch bis zu unserem ersten Nachtlager ist. „We are coming closer“, sagt Kelly, stößt beißend riechenden Tabakqualm aus, springt auf und marschiert weiter. Zwei Stunden dauert der Anstieg zur Imita Range. Der Puls rast, die Oberschenkel zittern, wir müssen verrückt sein. Insekten schwirren um uns herum, es ist heiß, vor, neben und hinter uns eine einzige riesige grüne Wand. Büsche, Bäume, Gräser.

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Es duftet nach Pflanzen, nach unbekannten Blüten, aber auch nach unserem Schweiß. Es ist historischer Boden. Hier auf diesem Pfad, der abgelegene Bergdörfer verbindet, hatten die Australier im zweiten Weltkrieg ein letztes Bollwerk vor den anstürmenden Japanern errichtet. Kein Lastwagen, kein Jeep kommt hier durch, weder damals noch heute. Zu Fuß und mit Pferden rückten 10.000 japanische Soldaten auf diesem Weg vor. Sie wollten Australien von Norden her angreifen. Doch so weit kamen sie nicht.
Nach ein paar Tagen hatten sie Hunger, Malaria und Nachschubprobleme, mussten umkehren. Die Alliierten setzten ihnen nach. Es wurde eine der blutigsten Schlachten im Südpazifik. Die einheimischen Papuas begleiteten die Verwundeten und retteten so Hunderten das Leben. Aufgrund ihrer krausen Haare nannten die Australier sie Fuzzy Wuzzy Angels. So ein Engel ist für uns leider nicht in Sicht.