Nachdem das Betreten des Gebietes offiziell vom Parkbüro genehmigt, für ausreichend hitzebeständige Verpflegung, Zelt und Gummistiefel gesorgt wurde und nur die nötigsten Mitbringsel im Backpack verbleiben durften, bleibt uns noch eine letzte Nacht bis zum Abenteuer Corcovado. Entgegen der Müdigkeit finden wir voller Elan in der Frühe den Weg zum Collectivo-Jeep, der uns an das angrenzende Caraté bringen soll. Ungewiss über das was uns erwartet, lassen wir uns ein vorerst letztes Mal das typische Nationalgericht – Gallo Pinto - schmecken. Die Kombination aus Reis und Bohnen, die die Ticos (wie die Einwohner Costa Ricas sympathisch genannt werden) zu jeder Tages- und Nachtzeit zu sich nehmen, soll auch uns einen kraftvollen Start in den Tag bescheren und bedeutet gleichsam einen vorübergehenden Abschied von der Zivilisation und ihren Bequemlichkeiten. Mit vier abenteuerlustigen Urlaubern auf der Ladefläche geht es immer weiter in die Abgeschiedenheit.
 
{{g_ads}}
 
Affen toben in den Baumspitzen. Nasenbären spazieren am Wegesrand. Das Bewusstsein dafür, dass wir tatsächlich bald allein auf uns gestellt einem unglaublichen Naturspektakel beiwohnen dürfen wächst zunehmend. Angekommen in Caraté beginnt unser Trip. 3,5 km entlang des glühendheißen Strandes zur ersten Rangerstation La Leona. Der prallen Sonne ausgesetzt und schweren Schrittes durch den lockeren Sand, der ein reges Vorankommen zu verhindern sucht, wird schon jetzt deutlich, dass dieses Erlebnis einige Anforderungen und Widerstände mit sich bringt. Doch ungeachtet all dieser Strapazen und der damit verbundenen Gefahren treibt uns der Gedanke an das, was vor uns liegt, beständig an.
                      
Angekommen an der ersten Station verlaufen sich glücklicherweise auch schon bald die Wege der mit uns Angereisten. Wir können uns ungestört in den Dschungel stürzen. Wirklich auf uns allein gestellt. Sechzehn Kilometer trennen uns nun von La Sirena, der nächstgelegenen Rangerstation. Unsere erste Etappe und gleichsam ein sicherer Ort für die Nacht. Eine schlicht gezeichnete Karte mit Flüssen und Wegverläufen in der Hand. Es geht los in den Küstenwald. Ein wenig irritiert durch das Hinweisschild mit der Warnung den „Weg“ nicht zu verlassen, versuche ich mich mit meiner neuen Umgebung vertraut zu machen. Das Wort „Weg“ ist schon sehr interessant gewählt. Ein bewachsener Pfad. Ein wenig ausgetreten. Mehr finde ich nicht. Was, wenn man doch einmal falsch läuft? Verloren im Paradies? Auch wenn sich diese Vorstellung zunächst enorm verlockend anhört. Angesichts der Gefahren die dies mit sich brächte, wohl nicht der optimale Ausgang für einen Urlaub.
Doch die Wahrscheinlichkeit vom richtigen Weg abzukommen zeigt sich als sehr gering. Schon wenige Meter abseits verdichtet sich der Wald enorm. Ein Durchdringen ohne Machete scheint unmöglich. In Kombination mit der groben Wegangabe unserer Karte, sollten wir somit nicht so einfach verloren gehen...
Ein Großteil unserer ersten Etappe führt durch Küstenwald. Während sich links neben mir ein einsamer Strand erstreckt und der sanfte Wellengang des Meeres eine unglaublich beruhigende Atmosphäre schafft, stößt mein Blick auf der anderen Seite auf den angrenzenden Regenwald mit seiner ausgeprägten Flora und Fauna. Ein beeindruckendes Zusammenspiel. Tatsächlich unberührte Natur, ohne die Spuren menschlicher Eroberungslust. Übertönt durch das Rauschen des Meeres können wir fast unbemerkt unseren Weg durch die Natur bestreiten und die vielen Lebewesen hier, in ihrem gewohnten Umfeld beobachten. Wir sind endlich Teil des Ganzen, integriert und schließlich gleichgestellt. Die Macht und Überlegenheit des Menschen geht hier schnell verloren. Die Unbedeutsamkeit der eigenen Person hingegen, wird immer deutlicher. Raus aus dem Mittelpunkt und rein in die neue Welt. Das ist es. Dieses Gefühl hatten wir gesucht. Diese Abhängigkeit erwartet.