Die nächsten Tage treiben wir uns in der dunklen Taiga des Gebirges herum, klassifizieren, extrahieren und diskutieren über die unterschiedlichen Arten. Ehrlich gesagt sind meine Sinne weniger für die außergewöhnlichen Kiefern- und Fichtenarten oder das Hochmoor empfänglich als vielmehr für die Stimmung die dieser finstere Teil des Gebirges mit sich bringt. Typisch heftiger Nord-West-Wind, beladen mit feuchten Luftmassen regnet sich auf der Nordseite des Gebirges ab und während sich die nördliche Mongolei in wohligem Föhnwetter sult, herrscht hier steter Nebel. So oder ähnlich stellte ich mir als Kind immer die Atmosphäre im Mattiswald aus Lindgrens Ronja Räubertochter vor und frage mich welche bislang unbekannten Arten sich im hiesigen Hochmoor noch vor den Menschen versteckt halten. Als wir schließlich an unserem Lagerplatz ankommen stellen wir entmutigt fest, dass es hier ebenso den ganzen Tag geregnet hat und natürlich hat meine eher mittelmäßige Campingausrüstung diesen Spaß nicht sehr lange mitgemacht. Angesichts eines wunderbaren Abendessens, das unsere Köchinnen auf riesigen Gasherden bereiten und einem gesalzenen Stück Omul (leckerer endemischer Speisefisch) zum Nachtisch, schließe ich Frieden mit dem Regen, meinem durchnässten Zelt und mir selbst. 
 
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Vorbei an mit buddhistischen Fahnen behängten Bäumen, an denen die Tradition mindestens einen kleinen Schluck Wodka für die Baikal und den Reisenden verlangt, geht es weiter Richtung Ulan Ude, der Hauptstadt der autonomen Region Burjatien. Ein leider nur kurzer Einblick in die Hauptstadt vermittelt mir sofort den Eindruck nun endlich in Asien angekommen zu sein, und das obwohl der Baikal östlich von Bangkok liegt. Statt alter russischer Busse rattern hier koreanische Minibusse über die Strassen, und zum Abendessen gibt es heute nicht Dosenfisch und Brot, sondern chinesisches Bami Goreng. Offensichtlicher als in diesem Schmelztiegel wurde mir das Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturkreise selten vor Augen geführt. Gregorianische Gesänge vermischen sich mit buddhistischem Gegrummel und Menschen mit asiatischen Zügen eilen geschäftig an Russlands größter Leninbüste vorüber. Es ist nur ein kurzer Besuch bevor wir am Nachmittag weiterfahren um uns einen geeigneten Lagerplatz für die Nacht zu suchen. Sehr weit fahren wir nicht, doch die Natur verändert sich im Schnelldurchlauf. Als ich schließlich aus dem Bus steige, springe ich entsetzt zurück. Was war das? Ich bin mir sicher, der Boden hat sich bewegt. Vorsichtig setze ich wieder einen Fuß auf die trockene Steppe und sehe genauer hin. Als ob man einen Stein ins Wasser wirft und dem fliehenden Wasser zusieht ziehen unzählige Heuschrecken kreisförmige Ringe um meinen Fuß. Starker, alles durchdringender Thymianduft steigt mir in die Nase. Für die meisten Pflanzen ist es hier zu trocken und die wenigen Lebewesen streiten sich um die kleinen lilafarbenden Blüten der widerstandsfähigen Kräuter.