An den Wasserfällen
 
Jeder Tag an den Stromschnellen bringt neue faszinierende Erlebnisse. Wir lernen allmählich, die Bären voneinander zu unterscheiden. Da ist der alte Dunkelbraune mit dem bösen Blick und den großen Narben. Kampferprobt scheint er der Ranghöchste zu sein. Die anderen halten respektvoll Abstand. Souverän langt er mit der mächtigen Tatze ins schäumende Wasser, hält den zappelnden Fisch fest und verzehrt nur die schmackhaften Weichteile; der Tisch ist ja reichlich gedeckt.
Der blonde Jüngling, der tollpatschig mit allen Vieren in die Strömung platscht, um danach verdutzt und enttäuscht dem entwischten Lachs nachzuschauen, macht freiwillig Platz, als der Alte erscheint. Mit einer gewaltigen Flucht jagt er den Wasserfall hoch, um direkt vor uns wieder herabzurutschen. Zwei andere helle Jährlinge zeigen uns immer wieder, dass sie die Kunst des Fischens noch nicht recht beherrschen.
 
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Sie begnügen sich mit dem, was andere übrig gelassen haben.
An der Fallkante steht regelmäßig ein Spezialist unter den Pelztieren, der die Fangmethode Schlaraffenland entwickelt hat. Mitunter gelingt es ihm, sich die hochschnellenden Lachse in den Mund springen zu lassen.
Die ausgereifteste Vorstellung bietet ein besonders hübscher, dunkler Bär mit hellbraunem Fell an den Ohrspitzen. Er hockt sich, kaum zehn Meter vor uns, einfach bis zum Hals in den Fluss, streckt die Vorderpfoten aus und lässt sich die Fische von der Strömung hineintreiben. Sodann hebt er die Beute heraus, fasst sie mit beiden Tatzen, richtet sich auf und verzehrt sie mit sichtbarem Behagen, einmal in einer halben Stunde sieben Stück. Zuweilen kommt er auch mit seinem Fang zu uns ans Ufer, würdigt uns kaum eines Blickes, dreht uns sogar den Rücken zu und speist völlig ungerührt. Wir sind fast versucht, den lieben Kerl zu kraulen; er ist kaum fünf Meter von uns entfernt.
Ziemlich unbeliebt macht sich dagegen ein Artgenosse, der innerhalb einer Woche vier Zelte zerlegt, die Ranger meinen, eher aus Spieltrieb als aus Aggression, da ja niemand darin war. Er wird narkotisiert und abtransportiert. Es dauert jedoch kaum eine Woche, und er ist wieder da, erkennbar an der roten Marke im Ohr. Und wieder interessiert er sich nicht nur für Lachse, sondern auch für Zelte. An einem Tag müssen gleich zwei unter die camp-eigene Nähmaschine. Die Ranger müssen sich wohl etwas anderes einfallen lassen.