Der nächste Tag ist Mittwoch, der 1. August. Wir müssen schon um 4.30 Uhr aufstehen und frühstücken im Dunkeln, dann werden wir zum Flughafen gefahren. Nach dem Einchecken entdecke ich einen gewaltigen japanischen Sumoringer, den ich später in der mongolischen Tageszeitung auf der Titelseite wiederfinde. Wir fliegen mit einer kleinen Propellermaschine, die 48 Passagieren Platz bietet und voll besetzt ist. Im Landeanflug auf Irkutsk sehen wir den Baikalsee und einige Städte in der Sonne unter uns und sind schon sehr gespannt, als wir nach 1 ½ Stunden landen. Die langwierige Paßkontrolle bei der Einreise nervt uns, wir müssen sämtliche mitgebrachten Währungen, Schmuck, Arzneimittel usw. deklarieren und etliche Formulare ausfüllen. Dann aber sind wir draußen und werden von einer sehr charmanten Russin namens Ludmilla in Empfang genommen. Untergebracht werden wir im Hotel Irkutsky direkt an der Angara, dem einzigen Fluß, der dem Baikalsee entspringt. Dann geht es gleich weiter zur Stadtrundfahrt. Wir besuchen diverse Kirchen, deren goldene Kuppeln in der Sonne glänzen. Hier blühen die gleichen Blumen in den Parks wie bei uns, das erstaunt mich doch sehr. Es ist heiß und scheint mir sehr ähnlich wie bei uns. Das täuscht im Moment jedoch, denn die grausamen, langen, sibirischen Winter sind Legende. In der Stadt sehen wir auch wunderschöne alte Holzhäuser mit feinen Holzschnitzereien, aber auch prächtige Gebäude, die teilweise schon wieder renoviert wurden. In Irkutsk gibt es insgesamt 10 Hochschulen. Entsprechend viele junge Leute sind hier, und überall ist buntes Leben und Treiben. Ganz besonders beeindruckend ist der große Markt, auf dem viele Bauern ihre Gartenerzeugnisse verkaufen.

 

Auf der Weiterfahrt erzählt uns Martin viel über die sozialen Verhältnisse in der Mongolei, über das Gesundheitswesen und das Schulsystem. Die Mongolei ist ein sehr armes Land, und das durchschnittliche Monatseinkommen beträgt 100 US-Dollar. Das Schulgeld von 400 Dollar pro Jahr können sich viele nicht leisten, so daß nur noch etwa 50 % der Kinder zur Schule gehen. In der sozialistischen Zeit waren es über 85 %. Die Folgen sind absehbar.

Im Bus sind es wieder 34°, und wir rütteln und schütteln auf unserer Fahrt zum kleinen Erdsteine-Nationalpark. Mit großer resp. kleiner Erdsteine-Nationalpark ist nicht die Größe der Steine, sondern die Größe des Nationalparks gemeint. Dieser kleine Erdsteine-Nationalpark gefällt mir noch viel besser als der große. Durch einen engen Paß zwängt sich unser Bus, dann haben wir ein herrliches, grünes Tal vor Augen, das von wunderschönen Bergkuppen umschlossen ist. Wer will, kann laufen bis zu unserem Übernachtungsplatz, den wir aufgrund der Busspuren nicht verfehlen können. Diesen herrlichen Spaziergang lasse ich mir natürlich nicht entgehen. Von dieser Gegend bin ich total begeistert. Dies ist einer der schönsten Plätze, an denen wir übernachtet haben, und ich bin ziemlich traurig, daß es mit den Übernachtungen in der Wildnis nun bald vorbei ist und wir wieder in die sogenannte Zivilisation zurückkehren. Waren im großen Erdsteine-Nationalpark Steinformationen vorhanden, die aussahen wie geformte und aufeinander getürmte Brötchen und Laibe, so sieht es hier aus, als wären Lehmscheiben schräg aneinander gelegt worden. Das milde Abendlicht verleiht der Landschaft einen zusätzlichen Zauber, und wir sind alle sehr angetan.