Unser heutiger Campingplatz liegt sehr schön einige Kilometer von der Stadt entfernt mitten im Grünen. Heute ist Koffertag, und schnell hab ich ein bißchen ausgetauscht und flüchte dann zum nahegelegenen Stausee, wo ich über eine Stunde am stillen Ufer sitze und den Schwalben zuschaue, die dicht über die Wasseroberfläche flitzen und Insekten fangen. Schließlich kommt Gerda an, die sich Sorgen macht, weil ich nicht zur Suppe erschienen bin, aber sie hatte sich schon gedacht, daß ich eine Oase brauchte nach all dem Lärm und Gedränge des heutigen Tages. Später sitzen wir dann vor der Bar auf einer kleinen Anhöhe und betrachten bei einem Glas Rotwein den schönen Sonnenuntergang, hören dem Klappern der vielen Störchen auf den Bäumen ringsumher zu und füttern unsere Nerven.

 

Morgens ist es sehr frisch und neblig. Wir frühstücken schon um 7.00 Uhr im Halbdunkeln und machen uns dann auf den Weg in Richtung Norden zur portugiesischen Grenze. Über Badajoz, Elvas und Estremoz fahren wir durch flaches Ackerland mit Obst- und Olivenplantagen. Wir überqueren die Grenze, ohne es zu merken. Es gibt keine Schlagbäume mehr und auch kein fremdes Geld, nur die Sprache ist anders, und die Uhr müssen wir eine Stunde zurückstellen. Wir hatten uns ganz gut mit dem Spanischen arrangiert, nun müssen wir wieder umlernen und auf portugiesisch radebrechen. Aber auch das klappt ganz gut, wir erreichen jedenfalls immer, was wir wollen.

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Es ist ein Jammer, daß es heute so kalt und neblig ist, da leuchten die endlosen Blumenwiesen nicht so wie sonst. Hier wachsen sogar wilde Gladiolen und Unmengen lila Blumen, die ich nicht kenne. Ich vermute, daß sie zur Malvenfamilie gehören. Die Landschaft ist nur dünn besiedelt, leicht hügelig. Ab und zu sehen wir ein paar Kühe und Schafe. Ein Prostatageplagter erzwingt die erste Buschpause dieser Reise. Mit unserem 23 m langen Gefährt können wir auf diesen schmalen Straßen nicht halten, und geeignetes Gebüsch ist auch nicht leicht zu finden. Aber Not kennt kein Gebot, und schließlich machen wir doch Halt. Bei dieser Gelegenheit kann ich mir die Blumen genauer ansehen und entdecke viel wilden Borretsch. Die Olivenbäume fangen an zu blühen, auch die Orangenbäume und jede Menge leuchtendgelber Ginster. Es ist wirklich saukalt, und wir empfinden den Temperatursturz zu den gestrigen 36° sehr unangenehm. Mit einigen Lotsen vor und hinter dem Bus schaffen wir es, wieder auf die Straße zu kommen und fahren weiter über eine uralte römische Brücke. In den Bäumen sitzen Hunderte Kuhreiher und warten auf die wärmende Sonne, die sich Gott sei Dank tatsächlich langsam blicken läßt. Nun fahren wir durch Korkeichen- und Eukalyptuswälder, begleitet von den traumhaft schönen Blumenwiesen, bei denen wir leider nie angehalten haben, so daß ich kein einziges Foto davon machen konnte.

 

Den Korkeichen wird alle 8-10 Jahre bis zu einer Höhe von ca. 2 m die Rinde entfernt. Die Korkeichen werden 120 - 150 Jahre alt. Das kleine Land Portugal mit 10 Mio. Einwohnern ist der wichtigste Korklieferant der Welt, und 30.000 bis 40.000 Menschen sind in der Korkproduktion beschäftigt. Wir haben Gelegenheit, einen Betrieb zu besichtigen, der den Kork weiterbearbeitet. Hier stapeln sich riesige Halden von Korkplatten in den verschiedensten Qualitäten.

 

Unsere Mittagspause machen wir in dem unscheinbaren Städtchen Abrantes, wo wir auch dem Tejo, dem größten Fluß Portugals, zum ersten Mal begegnen. Wir sind hier in Mittelportugal. Auf der Weiterfahrt kommen wir nach Tomar, wo wir die hoch oben am Berg gelegene Christusritterburg besichtigen, auch wieder so ein gigantischer Koloß von Burg und Kirche/Kloster in einem. Aber der phantastische, manuelinische Baustil fasziniert mich. Aus Stein sind alle möglichen Figuren, Gegenstände und Pflanzen so kunstvoll herausgearbeitet, daß man meint, sie wären lebendig. Es gibt ungeahnte Varianten von Kunst und unermeßliche Schätze, die unsere Vorfahren hinterlassen haben. Was hinterlassen wir außer Atommüll und Computerschrott?