Die sahen wir lange und intensiv, länger als uns lieb war. Eine Gruppe von neun Tieren, die wir auf einer buschbestandenen Wiese entdeckten, an die wir direkt heranfuhren. Alle waren begeistert, und wir konnten uns gar nicht entscheiden, ob wir einfach den Anblick der gähnenden Raubtiere genießen oder so viele Fotos wie möglich schießen sollten.
„Sie wirken zwar müde und matt von der Nacht, aber sie sind noch hungrig. Sie haben nicht genug gerissen“, merkte Phineas an. Dann entdeckte er, dass einer unserer Hinterreifen platt war …
Wir saßen mitten im Löwenrudel und kamen nicht mehr weg. Kommando ‚umsichtiger Rückzug’. Ganz langsam rollten wir zehn Meter von der Löwenfamilie weg. Das verschreckte Warzenschwein hatte uns plastisch aufgezeigt, wie schnell zehn Meter zu überwinden sind. Über Funk wurde Unterstützung angefordert. Ich behielt vor allem eine Gruppe von drei Löwinnen im Auge, die inzwischen ziemlich munter wirkten. Schauten sie zudem nicht extrem hungrig drein?

 

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Endlos scheinende Minuten später fuhr ein zweiter Jeep mit weiteren aufgeregten Touristen heran und stellte sich quer vor unseren Wagen. Nun konnten wir es wagen: Reifenwechsel im Löwenrudel. Der allgemeine Adrenalinpegel stieg rasant. Mir kribbelten die Handrücken und die Schläfen pochten. Selbst der sonst so gelassene Phineas hatte Schweißperlen auf der Stirn und legte sein Gewehr nicht mehr aus der Hand. Ausgerechnet Lisa und ich sollten aus Sicherheitsgründen (!) aussteigen, weil der Jeep aufgebockt werden musste.
“Never, under any circumstances, leave the car on the Game Drive!” Unter keinen Umständen den Wagen verlassen. Wie oft hatten wir diesen Satz in den vergangenen Tagen zu hören bekommen…
Jetzt bekamen wir einen weiterführenden Rat mit auf den Weg: „Löst Euch auf keinen Fall aus der Silhouette des Jeeps.“ Keine Frage, ich wollte unbedingt ein sehr großes, hohes, dickes, starkes und friedfertiges Tier bleiben. Das ist es, was die Löwen in dem Jeep normalerweise wahrnehmen.
Mir ging die Muffe 1:1000, wie man im Saarland sagt, insbesondere seit klar war, dass einer der Löwen fehlte. Das Gelände war total buschig und unübersichtlich. Plötzlich wachsen Schatten hinter jedem grünen Busch. Überall wackelten Zweige, knackte und knirschte es. Während ich mich an die Kühlerhaube krallte und unauffällig versuchte, immer einen Fuß auf der Stoßstange zu halten, ahnte ich plötzlich, wie sich so ein Menschlein zum Anbeginn unserer Zivilisationsgeschichte gefühlt haben musste, wenn er auf einen Spaziergang vor die Höhle ging. Lisa presste sich an die Flanke des Jeeps. Beide behielten wir das Rudel im Auge, soweit das möglich war.
„Da, das eine Männchen steht auf!“