Dann fuhren wir zum Hafen und warteten dort mit vielen anderen Menschen auf unser Schiff nach Helsinki. Es war die “Finnjet”, das schnellste Fährschiff der Welt, das uns 1.100 km weit über die Ostsee bringen sollte. Es war ein Riesenschiff, zwar schon 36 Jahre alt und mit etwas veralteter Ausstattung, aber daher geradezu nostalgisch und gemütlich. Für mich war es sehr interessant zuzusehen, wie die Unmengen Busse, PKW, Motorräder und auch eine ganze Menge Fahrräder aus dem Bauch des Schiffes an Land fuhren. Zuletzt stiegen die Passagiere aus. Und dann fuhren in umgekehrter Richtung wieder Dutzende von Bussen usw. in den Bauch des Schiffes hinein. Schließlich waren auch wir an der Reihe, und bald hatte ich meine Aussenkabine auf dem 6. Deck gefunden und ging dann aber gleich hoch auf das Sonnendeck, denn die Finnjet legte sofort ab. Bei herrlichem Sonnenschein hatten wir eine schöne Aussicht auf Warnemünde und den Sandstrand voller Menschen. Als wir die offene Ostsee vor uns hatten, gab das Schiff Gas und fuhr mit der Höchstgeschwindigkeit von 61 kmh. Bei dieser Geschwindigkeit verbraucht das Schiff 300 Liter Bezin pro Minute und hat einen Bremsweg von 1050 Metern! Die Finnjet faßt über 500 Passagiere und hat 200 Mann Besatzung. Sie ist 29 Meter hoch und hat 9 Decks. An Bord gibt es diverse Restaurants und Bars, Disco, Fitneßraum, Pool, Friseur und diverse Läden, auch einen Dutyfree. Da das Schiff in Tallinn anlegt und Estland noch nicht zur EU gehört, kann dort bzw. an Bord sehr preisweit eingekauft werden, vor allem Alkohol jeder Art, Zigaretten, Parfüm usw. Da die Skandinavier ja nur sehr schwer an Alkohol kommen können und wenn, dann zu horrenden Preisen, fahren vor allem die Finnen sehr oft die 80 km von Helsinki nach Tallinn (1 ½ Std. mit dem Schnellboot für Euro 25), um sich dort entweder zu besaufen oder aber jede Menge Alkohol zu kaufen, den sie dann in Finnland mit großem Gewinn weiterverkaufen. In Tallinn werden die Finnen “Elche” genannt und sind nicht sehr beliebt, weil sie dermassen saufen und häufig aus den Kneipen auf die Straße gesetzt werden. Selbst in unserem späteren Nobelhotel in Tallinn stand angeschrieben, daß betrunkene Gäste “entfernt” werden! Die Überfahrt von Rostock nach Helsinki mit Zwischenstop in Tallinn/Estland dauert 23 Stunden.

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Sobald wir an Bord waren, stellten wir die Uhr auf finnische Zeit um, d.h. eine Stunde vor. Nach einer Stunde Fahrt war der Fahrtwind dermassen stark, daß nur noch wenige Leute dick eingemummt in winddichte Jacken an geschützten Stellen saßen. Der salzig-feuchte Wind zerrte an einem und machte die Haare stumpf und sperrig. So inspizierte ich das ganze Schiff von oben bis unten, trank in der Bar auf dem obersten Deck einen Kaffee mit weitem Blick auf das Meer, besuchte in der Tanzbar eine einstündige Tanzshow mit einer Einlage aus “Die Schöne und das Biest” und fand später auf dem Sonnendeck ein geschütztes Plätzchen, wo ich die Sonne, den Wind und den Urlaub geniessen konnte. An Bord waren auch viele Hunde, die für Euro 70 mit in die Kabine genommen werden dürfen. Auf einer Seite des Schiffs gibt es so eine Art großer Sandkästen, dort dürfen die Tiere ihr Geschäft verrichten und sich auch auf dieser Schiffsseite aufhalten. Ein junger Mann hatte einen Mittelschnauzer und einen 4 Monate alten Riesenschnauzer, die beide sehr verschmust waren und die beide gleich merkten, daß ich sie mochte.

 

Um 20.30 Uhr fand sich unsere Gruppe an reservierten Tischen zu einem wahrlich köstlichen skandinavischen Büffet ein. Was für Leckereien und Delikatessen gab es da! Vor allem die Fischliebhaber kamen hier auf ihre Kosten, denn hier gab es alles, was das Meer so hergibt: Lachs und Krabben und Heringe usw. in allen Varianten. Aber auch das Dessertbüffet war einen oder gleich mehrere Besuche wert. Ein Jammer, daß die Augen immer soviel größer sind als der Magen! Soviele Herrlichkeiten muß man ungegessen stehenlassen!

 

Gegen 22.00 Uhr stehen viele Menschen an der Reling des Sonnendecks und schauen der untergehenden Sonne zu, die um 22.30 Uhr glutrot in der Ostsee versinkt. Ein wunderschöner Anblick. Dann leert sich das Deck und alles wendet sich entweder dem Nachtleben an Bord oder dem Bett zu. In der Disco ist der Teufel los, eine Band macht fetzige Musik, die Leute stehen dichtgedrängt, denn Sitzplätze sind längst nicht mehr zu haben. Nach einer Weile werde ich aber doch müde und verziehe mich in meine klimatisierte Kabine, lege mich ins das vibrierende Bett (das ganze Schiff vibriert ununterbrochen) und lese noch ein bißchen Reiseliteratur, schaue noch mal über die weite Ostsee und staune, daß es trotz untergegangener Sonne um 23.00 Uhr noch nicht ganz dunkel ist.