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Unsere Mittagsrast hielten wir in einem kleinen Ort, dessen Bewohner uns ebenso interessiert betrachteten wie wir sie. Wir probierten sogar einige Kringel aus den seltsamen Töpfen am Straßenrand, aber sie schmeckten nach nichts. Zu Fuß sind wir ein Stück die Straße entlanggelaufen und haben die Landschaft und die gute Luft genossen. Vom vielen Sitzen hatte ich dicke Füße bekommen und war daher froh über diesen Spaziergang. Die Sonne brannte aber auch hier gewaltig, es war feucht-schwül, aber doch angenehmer als in Indien. Hier trugen alle Frauen dicke Ringe durch den Nasensteg und den Nasenflügel, und in den Ohren hatten sie jede Menge Ringe über die ganze Ohrmuschel verteilt. Sicher 10 Löcher hatten sie in jedem Ohr. Das sah nicht unbedingt schön aus, war aber wohl große Mode oder einfach Sitte. So manches alte Hutzelweib sah mit den Ringen durch Nase und Ohren eher wie eine Hexe aus.

Hier stellten wir erstaunt fest, daß die Kinder gar nicht bettelten, sie sahen hier auch alle gutgenährt und zufrieden aus, obwohl Nepal neben Afghanistan das niedrigste pro Kopf-Einkommen der Welt hat. Allerdings hat der Nepalese genügend Nahrungsmittel, und das ist ja an sich das wichtigste. Die Kinder waren ebenso freundlich wie die Erwachsenen und winkten unserem Bus zu, der uns so nach und nach wieder von der Straße aufsammelte. Die endlosen Reisterrassen begleiteten uns ständig, und wir fuhren immer weiter durch dieses gebirgige, zerklüftete Land, das einen seltsamen Zauber ausübt. Es sieht so einsam und still aus, so sauber und versöhnend, und das Wasseer aus dem Fluß unten im Tal würde man bedenkenlos trinken. Diese Vorberge des Himalayamassivs nennt man Siwaliks.

Gegen 16.00 Uhr kamen wir in Pokhara an, unserer Endstation für diesen Tag, und hielten vor einem wirklich schönen Hotel. Alle applaudierten Veronika und Franz für diese Wohltat nach dem scheußlichen Dreckloch vom Vortag. Und kaum waren wir ausgestiegen, sprangen schon lachende Boys um uns herum, trugen unsere Koffer und strahlten die ganze Zeit. Na, sowas! Unser Zimmer war im Gästehaus und recht groß, kühl und praktisch, und das Wasser floß auch.

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Nach einer gründlichen Dusche war ich ganz glücklich und ging hinunter in den Hotelgarten, um die vielen Blumen ringsherum in Augenschein zu nehmen, die mir gleich bei der Ankunft aufgefallen waren. Es war angenehm kühl draußen, der große Rasen war sehr gepflegt, und auf den Beeten wuchsen Amaryllis, Nelken, Margariten, Tagetes, Salvien, Kornblumen, Petunien, Oleander, Mohn, Gerbera, Rosen und Sanseverien sowie verschiedene Fettpflanzen. Ich war ganz begeistert, denn das hatte ich wirklich nicht erwartet.

Nachdem ich nepalesische Rupies eingetauscht und sowohl Briefmarken wie auch Postkarten erstanden hatte, tranken wir mehr aus Gewohnheit als wegen Durst etwas im Garten und fanden uns dann gegen 19.00 Uhr zum Abendessen im Hotelrestaurant ein. Wenige Schritte, bevor wir das Haus betraten, überfielen uns plötzlich Hunderte von fliegenden, braunen Käfern von etwa 1 cm Länge. Alle hatten diese Käfer an sich, und wir ekelten uns sehr und schüttelten uns, um die Biester loszuwerden. Nicht mal hier war das Glück unbetrübt, dachte ich mir, aber das war auch das einzige Mal in Pokhara, daß wir von irgendwelchen Viechern belästigt wurden.

Zum Essen gab es Reis mit Gemüse und einer scharfen Soße, es schmeckte sehr gut und sah auch appetitlich aus. Der Service war ganz toll, und die Boys strahlten um die Wette. Nach dem Essen fühlten sich alle wieder wohl, und so gingen wir an die Bar, um noch einen Schluck zur guten Nacht zu nehmen. Auf einmal kam Sigrid ganz aufgeregt angesaust und flüsterte Erni was ins Ohr, der daraufhin auch gleich aufstand und mitging. Wir wollten natürlich wissen, was los war und erfuhren, daß in dem Zimmer von Lissi ein Monster von einer Spinne saß, riesengroß mit schwarzen Haaren. Lissi bekam schon bei dem Gedanken daran eine Gänsehaut, und ich hätte auch um keinen Preis in ihrem Zimmer sein wollen. Die Spinne wurde jedenfalls nicht gefunden, zumal auch hier der Strom ausfiel, so daß mit Taschenlampen und Kerzenschein nicht viel zu erreichen war. Lissi trank sich Mut an und ging trotz Spinne schlafen. Das Biest hat sich jedenfalls nicht mehr gezeigt.

Wir schliefen zum ersten Mal richtig durch bis 5.30 Uhr. Von der Terrasse des Hotels aus konnten wir einen wundervollen Sonnenaufgang erleben und sahen zum ersten Mal einige Bergspitzen des Himalaya: der Machhe Puchhare (gesprochen: Matsche Putschare) zu Deutsch: Fischschwanzflossenberg oder auch Matterhorn Nepals genannt, zeigte sich in seiner ganzen Pracht mit seinen über 7.000 Metern Höhe. Es war ein ergreifender Anblick, weil er so unerwartet und auch so unerwartet schön und klar war. Von Minute zu Minute stieg die Sonne höher und tauchte einen Berg nach dem anderen in grelles Licht, bis das ganze Tal von Sonne überflutet war. Es war so herrlich und fast unwirklich schön. Und als hätte eine Fee uns einen kurzen Blick auf dieses Bergwunder gestattet, so nahm sie uns die Sicht wieder von Stunde zu Stunde, bis auch das letzte bißchen Berg vom Dunst wieder verschluckt wurde.

Ganz beglückt hockten alle am Frühstückstisch, genossen das leckere Omelett am sauberen Tisch und waren voller Spannung auf den Tag. Gegen 8.00 Uhr fuhren wir dann zum berühmten Pehwa-See, der die Perle des Pokhara-Tales ist. Mit kleinen Booten wurden wir von nepalesischen Jungen hinausgerudert und legten irgendwann am Ufer an, wo schon fliegende Händler auf uns warteten. Sie hatten sehr schönen Schmuck und überhaupt hübsche und geschmackvolle Souvenirs wie Gebetsmühlen, Gurkhamesser und eine Reihe von Dämonen und Masken. Wir kauften hier aber noch nichts. Aber nachdem wir später wieder am Ausgangspunkt ankamen und auch dort die Händler wieder auf uns warteten, haben wir alle eingekauft wie die Weltmeister. Wir hatten eine ganze Tüte voll mit verschwitzten T-Shirts, Hemden, Socken und alten Handtüchern. Die haben wir alle gegen Schmuck und sonstiges eingetauscht. Auf diese Weise habe ich ein sehr schönes Armband aus tibetanischem Silber erstanden, das ich während der nächsten Tage nicht mehr auszog, weil es mir so gut gefiel.

Danach fuhren wir noch zum tibetanischen Flüchtlingslager, das ganz in der Nähe war. Als 1959 die Chinesen Tibet einnahmen, flohen viele Tibeter nach Nepal. So entstanden hier überall Flüchtlingslager, in denen die Tibeter aber nach ihren alten Sitten und Gebräuchen leben in der Hoffnung, eines Tages wieder in ihre alte Heimat zurückkehren zu können, was ja derzeit nicht mehr unmöglich scheint.