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Die Mittagspause verbrachten wir am Swimmingpool. Zum Bonsai-Omelett wurde eine total verdreckte Serviette gereicht, und der Kellner wischte das Messer schnell nochmal mit den Fingern "sauber". Na, dann Mahlzeit! Dann wollten wir zahlen, und wieder ging dieses Theater los mit dem Wechseln. Kein Kellner hat in Indien eine Wechselbörse dabei, sondern rennt mit jedem Geldschein zu seinem Boß, wechselt - wenn man Glück hat, richtig - und kommt dann nach einer Ewigkeit zurück mit dem Restgeld. Man ist also gut beraten, möglichst viel Kleingeld bei sich zu haben.

Am Nachmittag kam ein Schlangenbeschwörer auf die Wiese vor dem Hotel und brachte seine Kobra per Flöte zum Tanzen. In Wirklichkeit hat die Kobra angeblich keine Giftzähne mehr, außerdem tanzt sie nicht, sondern macht nur die kreisenden Bewegungen des Flötenspielers nach.

Dann sahen wir noch tanzende Affen, die an einer Kette ihre Kunststückchen vorführen mußten und die mir wirklich Leid taten. Ein Mungo wurde im Kampf mit einer Schlange vorgeführt, und ich mochte dieser tierquälerischen Darbietung nicht zusehen. Später kam dann noch ein Yogi, der die tollsten Verrenkungen vorführte. Man hatte den Eindruck, daß er Gummiknochen hatte. Zwei Yogaübungen habe ich übrigens auch gelernt, ich kann die Hände auf dem Rücken so falten, daß die Fingerspitzen nach oben zeigen, und ich kann die Beine so hochziehen, daß sie über die Schultern gucken. Sieht lustig aus!

Nach der Pause fuhren wir zu den berühmten Buddha-Tempeln von Sarnath, wo Buddha unter dem Boddhibaum seine Erleuchtung hatte. In Indien gibt es allerdings nur 1 % Buddhisten, zu diesem Tempel kommen deshalb vor allem Japaner. Das Buddha-Museum war sehr interessant, zumal Veronika uns sehr schön die Geschichte dazu erklärte. Sie machte das nach wie vor mit viel Interesse, und wir haben so manches Mal ihr Durchhaltevermögen bewundert. Während wir durch die Parks zwischen den Tempeln gingen, begegneten wir immer wieder den armseligsten Krüppeln, die nicht nur lahm, sondern auch noch blind und halbverhungert waren. Hier haben wir einige Handtücher und Kleidungsstücke hergegeben und an die Kinder Kekse.

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Süsse kleine Babies von wenigen Wochen wurden von ihren Schwestern getragen, den ganzen Tag! Ein sechsjähriges Mädchen, das ihren zwei Monate alten Bruder auf dem Arm schleppte, verfolgte uns besonders ausdauernd. Und sie bekam natürlich etwas. Uns versetzte dieses Elend immer wieder neu in Entsetzen, und es war deprimierend, daß man letztlich nicht helfen konnte. Selbst, wenn man Kleidung oder Handtücher oder Schuhe verschenkt, weiß man nicht, ob der Empfänger die Sachen auch trägt oder gegen ein paar Rupies gleich wieder verkauft. Es ist ein Elend ohne Ende, ein einziges Armenhaus.

Anschließend setzten wir zwei Ehepaare unserer Gruppe bei einer großen Leprastation in Sarnath ab. Sie hatten 10.000 Tabletten gegen Lepra aus Deutschland mitgebracht. Wenn man das früher gewußt hätte und die entsprechendenden Kontakte, hätten wir auch Tabletten oder sonstige Hilfsmittel mitgenommen.

Wir fuhren danach weiter zur berühmtesten Seidenfabrik von Benares, wo sogar schon Jackie Kennedy eingekauft hat, was aus diversen Riesenfotos im Verkaufsraum gleich hervorging. Die eigentliche Fabrik besteht aus mehreren Handwebstühlen, an denen kleine Jungen von 10 - 12 Jahren sitzen und den ganze Tag weben. An einem einzigen Tag schaffen sie z.B. ein Stück Brokat von 8 cm Höhe und 120 cm Breite. Man sagte uns zwar, daß diese Jungen dies täglich nur eine Stunde lang machen, um es zu lernen, aber es war ganz offensichtlich, daß es sich hier um Kinderarbeit handelte, was ja in allen armen Ländern zwar verboten, aber dennoch Usus ist.

Im Verkaufsraum sahen wir uns verschiedene Stücke an, die teilweise sehr schön und kunstvoll waren, aber für unsere Geschmäcker meist recht kitschig wirkten. Ein Webstück aus Goldbrokat von etwa 25 x 25 cm kostete dort etwa DM 50. Da wir keinen Platz mehr in der Wohnung hatten, waren wir der Qual der Wahl schon enthoben. Die Seidentücher und Saris waren aber wirklich eine Wucht und kosteten teilweise ein kleines Vermögen. Zwischen DM 80 und 6.000 kostet so ein Seidensari mit Goldfäden usw.

Wir fuhren zurück zum Rotel, wo uns ein heißer Staubsturm empfing wie vor einem Gewitter, das allerdings ausblieb. Wir aßen mit Genuß die heiße Suppe, die Franz in Windeseile aus der Bordküche serviert hatte. Dazu gab es Dosenwurst. So langsam hatten wir uns an die Hitze gewöhnt und tranken längst nicht mehr soviel wie in den ersten Tagen. Auch kehrte langsam der Appetit zurück, nachdem wir am Anfang der Reise tagelang kaum etwas essen konnten.

Nach dem Essen erwartete uns ein besonderer Leckerbissen. Zwei Musikprofessoren der Universität von Benares gaben ein Sitarkonzert für uns, und das war wirklich ein Ohrenschmaus. Da hockten also die zwei Professoren auf dem Boden, der eine recht feist und bebrillt, der andere kein und schmächtig. Der Kleine spielte die Tabla, eine Art Trommel, der Dicke die Sitar mit 18 Saiten. Ganz langsam fingen sie an und hatten uns bald in ihren Bann geschlagen. Sie spielten derart virtuos, daß wir alle staunten und den Professorentitel für berechtigt hielten. Was für eine Arroganz!

Danach verzog sich jeder zum Schlafen in eine andere Ecke oder in die Koje, wo ich wider Erwarten tatsächlich ganz gut geschlafen habe.