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Das Restaurant war sehr nett hergerichtet, und ein großes kalt-warmes Büffet war für uns aufgebaut. Leider war der Raum durch die Klimaanlage unheimlich kalt, und wir froren. Diese Klimaanlagen sind eine gefährliche Sache, den durch den krassen Unterschied von draußen heiß und innen kalt holt man sich ganz fix eine schwere Erkältung, was denn auch einigen prompt widerfuhr.

Das Abendessen schmeckte ganz gut, es gab natürlich wieder Reis, dazu Spinat mit Kartoffelstückchen, Linseneintopf, gemischtes Gemüse mit Käse und ziemlich fett sowie Hähnchenfleisch und Salat mit Joghurtsoße. Einige kalte undefinierbare Sachen gab es auch, und ich probierte eine etwa walnußgroße, grüne Kugel, was ich sofort bereute, denn das Ding war nicht nur ungeheuer scharf, sondern auch noch sauer-bitter und zog mir alles zusammen. Mein Mund war wie betäubt, und selbst nach zwei Stunden war dieses ekelhaft pelzige Gefühl noch nicht weg. Weiß der Geier, was ich da erwischt hatte.

Als wir unsere Getränke bezahlen wollten, nahm der Kellner das Geld und kam nicht wieder. Wir reklamierten schließlich energisch, und da stellte sich heraus, daß niemand aus der Gruppe das Wechselgeld herausbekommen hatte. Der Kellner sagte zu jedem, daß er kein Wechselgeld habe. Daraufhin haben wir ihn aber ausgetrickst und Getränke bestellt, die wir dann nicht bezahlten. Darüber hat er gelacht. Das ist schon eine andere Welt!

Der nächste Tag in Delhi stand zur freien Verfügung. Wir sollten in der folgenden Nacht um 2.55 Uhr nach Frankfurt starten, welch unchristliche Zeit!

Vor dem Hotel und ringsherum auf den Wegen neben der eigentlichen Straße lagen viele Inder und schliefen in ihre Tücher eingerollt. Der Lärm der hupenden Taxis, das Geschrei der Zeitungsträger etc. schien sie nicht im Mindesten zu stören. Nerven haben sie wohl wie Drahtseile! Mir ist übrigens immer wieder aufgefallen, daß die umherstreunenden Hunde kreuz und quer auf dem Weg oder der Straße lagen und daß sie merkwürdigerweise von keinem überfahren oder getreten wurden. Hunde gibt es übrigens massenhaft, außerdem überall Hühner, Enten und Ziegen, alle mit Nachwuchs, und das mitten in der Stadt ebenso wie auf dem Land. Bei uns unvorstellbar! Dort ist die Natur in der Hinsicht noch Natur, denn keiner pfuscht dazwischen. Die Hennen haben ihren Hahn und die Hunde finden auch ihre Partner wie die Ziegen. Ganz süße Hunde gibt es da, aber auch arme Kreaturen, die die Räude oder sonstige Krankheiten haben und sich ständig schubbern. Ich traute mich daher auch nicht, sie zu streicheln.

Nach unserem Frühstück fuhren wir mit einem richtigen Taxi zum Zoo von Delhi, denn wir wollten unbedingt den legendären weißen Tiger sehen. Der Zoo ist ein riesiges Gelände, sehr weitläufig mit vielen Teichen und schönen Bäumen und viel Rasen. Das hatten wir in der Armut Delhis wirklich nicht erwartet. Wir sahen viele bekannte Tiere wie Marabus, Kraniche, Nilpferde und Nashörner und schließlich fanden wir auch den Dschungelkönig, den Tiger. Ein prächtiges, männliches Exemplar tigerte in Augenhöhe nur 20 cm von uns entfernt auf und ab und schnaufte beängstigend. Ein Riesenkerl war das mit wunderschönen Augen und Mordspranken. Wenn so einer auf Menschenjagd geht, hat man keine Chance. Es war ein herrliches Tier, aber ein Jammer und eine Schande, ihn in so einem engen Käfig zu halten. Gott sei Dank war aber auch ein großes Freigehege dabei, und siehe da, in diesem Freigehege entdeckten wir den weißen Tiger. Er war aber nicht richtig weiß, sondern hellbeige mit mittelbraunen Streifen und sehr mager. Wirklich keine Schönheit, aber selten. Wer weiß, wieviel bzw. wie wenig Futter die Viecher bekamen, sie sahen alle nicht gut genährt aus. Klar, wenn die Menschen nicht genug zu essen haben, wie soll es dann für die Tiere reichen? Nicht mal die heiligen Kühe werden gefüttert, sie müssen selber sehen, daß sie von den Straßenabfällen satt werden, und wir haben oft gesehen, daß sie sogar Zeitungspapier gefressen haben.

Einige Affen lärmten und spektakelten fürchterlich, und wir lachten und alberten darüber. Einige Inder und etliche Sikhs liefen kichernd hinter uns her. Wir haben während der ganzen Reise nur ein einziges Mal ein Pärchen Hand in Hand gehen sehen, sonst gehen die Frauen immer einige Schritte hinter ihrem Mann her. Das hätte unseren Männern wohl auch gefallen. Na, jedenfalls hatten wir auch unseren Spaß an den Sikhs und haben uns wieder mal über ihre "Nester" auf dem Kopf amüsiert. Die Sikhs sind eine religiöse Sekte, deren Mitgliedern nicht erlaubt ist, die Körperhaare zu schneiden. So haben die Männer also alle einen wallenden Bart - was ich toll fand - und langes Haupthaar, das sie auf dem Kopf zu einem Dutt drehen und ein Tüchlein darum binden, und über dieses Tüchlein kommt dann der dicke, bunte Turban. Bei den kleinen Jungen bindete man noch keinen Turban, sie tragen nur dieses Ei auf dem Kopf, und das sieht lustig aus. Die Sikhs machen 2 % der indischen Bevölkerung aus und sind ein kräftiger, gesunder Menschenschlag, der weder Alkohol trinkt noch raucht. Die Hauptthesen dieser Religion sind Nächstenliebe, Toleranz und Dankbarkeit, und sie haben viel Mitgefühl für Bedürftige, die in jedem Sikh-Tempel kostenlos Unterkunft und Verpflegung finden. Man sagt in Indien, daß die Sikhs eine ähnliche Rolle spielen wie die Juden, weil sie stark, gesund und sehr, sehr geschäftstüchtig sind.

Gegen Mittag waren wir genügend durchgeschwitzt und hatten im Zoo so ziemlich alles gesehen. So fuhren wir mit einem der unzähligen Motortaxis auf drei Rädern - sieht lustig aus - zurück zum Hotel. Das Benzin stank wieder fürchterlich, und die Hitze kam in den Straßen wie mit einem riesigen Föhn in das Vehikel. Schließlich hatten wir es geschafft und zahlten für diese Strecke von etwa 6 km DM 1,25, wobei das schon wesentlich mehr ist als ein Inder gezahlt hätte.

Wir machten ein bißchen Mittagspause und hauten uns dann auf’s Ohr. Gegen 23.30 Uhr wurden wir mit dem Bus zum Flughafen gebracht, wo wir gleich wieder ein Formular in die Hand gedrückt bekamen. Rings um uns herum standen oder lagen Unmengen Inder und sonstige Reisewillige, ein Riesenberg Koffer stand parat, um in den Bäuchen von diversen Jumbos zu verschwinden, und nachdem wir dann auch noch die Paßkontrolle hinter uns hatten, saßen wir schließlich im Warteraum. Es war dort lausig kalt und zog wie Hechtsuppe von der Klimaanlage her, die ich gar nicht schätzte. Lieber ein bißchen schwitzen als sich erkälten oder mit steifem Genick rumlaufen müssen.

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So warteten wir dann tatsächlich 3 ½ Stunden, bis wir endlich um 3.30 Uhr in der Nacht in unseren Jumbo einsteigen konnten. Blöderweise hatten wir keine Sitzplätze nebeneinander, die ganze Gruppe saß verstreut in dem voll besetzten Flugzeug. Es kam von Tokio und hatte massenhaft Japaner, aber auch Inder an Bord. In Karachi stiegen dann auch noch etliche Pakistani ein, so daß wir wohl eine malerische Gesellschaft ergaben. Wenn man ganz hinten im Jumbo stand und über die Köpfe nach vorn sah, waren sicher 95 % der Fluggäste schwarzhaarig.

Es gab dann auch bald was zu essen, und wir versuchten, ne Weile zu dösen. Dann endlich, nach über 10 Stunden reiner Flugzeit, wurde gegen 11.00 Uhr deutscher Zeit die Landung in Frankfurt angekündigt. Endlich! Und um 11.20 Uh landeten wir tatsächlich und kamen glatt durch die Kontrollen. Aber was für ein Gehetze und was für muffige, unfreundliche Gesichter diese Menschen im Flughafen machten! Hier lächelte keiner, alle hasteten und nirgends sah man farbenfrohe Saris und freundliche Menschen. Wie kraß war das gegenüber den Menschen, die uns in den letzten Wochen begleitet hatten. Je ärmer, desto fröhlicher?

Freund Gerhard stand auch schon da, um uns sicher wieder nach Hause zu bringen, das uns mit richtig echter Kälte ohne Klimaanlage empfing. Wir waren also wieder daheim, und ab jetzt heißt es zurückdenken an diese so eindrucksvolle und anstrengende Reise mit vielen liebenswerten Menschen, mit viel Dreck und Gestank und umwerfender Hitze, aber auch mit viel Spaß und nicht zuletzt mit dem "Schneewittchensarg".

Namasté India (Aufwiedersehen Indien)!