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Unser nepalesischer Führer fuhr dann mit uns durch die wohl breiteste Straße von Kathmandu, an der sich rechts und links ein Laden neben dem anderen befand. Und er hatte doch tatsächlich den Nerv zu sagen, dies sei die Prachtstraße von Kathmandu, vergleichbar mit der Champs Elysée in Paris. Wir haben uns bald nicht mehr eingekriegt.

Zurück im Hotel aßen wir eine Kleinigkeit und erfuhren dann, daß wir für die erneute Einreise nach Indien ein Visum brauchten, denn wir sollten ja auf dem Rückweg noch einen Tag in Delhi verbringen und dann erst nach Frankfurt weiterfliegen. Für dieses Visum waren jedenfalls von jedem drei weitere Paßfotos erforderlich, und nur ganz wenige hatten genügend Paßfotos dabei, zumal uns vor der Reise gesagt worden war, daß wir kein Visum bräuchten. Aber da ich immer auf Nummer Sicher gehe, hatten wir Gott sei Dank genügend Paßbilder dabei. Die anderen ohne Bilder mußten hier noch zum Fotografen, der nicht gerade billig war. Und viele haben tüchtig gemotzt über diesen unnötigen Aufwand.

Wir sahen uns dann noch verschiedene Tempel und Pagoden an, unter anderem auch den berühmten Kumari-Devi-Tempel, in dem ein der Jungfräulichen Gottheit geweihtes, siebenjähriges Mädchen wohnt, bis es die Pubertät erreicht. Dann wird durch ein strenges Ausleseverfahren eine neue Göttin ausgewählt. Das arme Ding darf den Tempel nur ein einziges Mal im Jahr verlassen und bekommt mit Sicherheit seelische Störungen, wenn es dann mit 12 oder 13 Jahren wieder ins normale Leben einsteigen soll. Es bekommt mit größter Wahrscheinlichkeit nie einen Mann, denn welcher Mann hat schon den Schneid, eine ehemalige Göttin zu heiraten? So hat sich der Staat bereit erklärt, dem Mädchen eine lebenslange Pension zu zahlen. Diesen Tempel sahen wir uns also auch an, bewunderten die wirklich sehr schönen Holzschnitzereien und ekelten uns gleichzeitig vor den vielen Tauben und den herumfliegenden Federn und dem Dreck. Wir hatten die Nase restlos voll und träumten von gescheitem Essen und Sauberkeit. Wir schwärmten uns gegenseitig was vor von Kartoffelsalat mit Würstchen, von Schweinebraten mit Knödeln oder Nudelsalat. Es wurde Zeit, daß wir wieder nach Hause kommen, dabei waren wir erst 14 Tage weg von zu Hause, es war nicht zu glauben.

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Gleich im Anschluß fuhren wir dann zum Theater, wo wir einen nepalesischen Folkloreabend erleben konnten. Einige hatten keine Lust dazu und gingen ins Hotel. Aber Peter und Gisela gehen mit, und wir erlebten einen wirklich interessanten und schönen Abend mit seltsam fremder Musik. Ich habe die Kassette mit der Originalmusik gekauft als Andenken. Danach fuhren wir bei Kälte und strömendem Regen (es hatte ein Gewitter gegeben, während wir im Theater saßen) zurück ins Hotel, wo wir dann gleich zu Abend aßen. Das Essen war ganz leidlich, aber der Kuchen hinterher schmeckte übler als Seife, dabei hatte ich mich so auf was Süßes gefreut. Und der Kaffee dazu riecht wie Tee und schmeckt nach nichts. Aber was soll’s, wir haben keine Wahl und wollten ja die Fremde. Die hatten wir nun. Alle redeten von ihrer Enttäuschung über Kathmandu, das bei uns fortan nur noch Kackmandu genannt wurde. Selbst die tolerante Veronika sagte, daß Kathmandu die dreckigste Stadt sei, die ihr je begegnet ist, und das wollte was heißen.

Unseren Kummer haben wir anschließend in der Bar mit einer Literflasche Cognac aus dem Frankfurter Flughafen weggespült, allerdings verdünnt mit Cola und auf etliche Gläser verteilt. Auf jeden Fall waren wir noch nüchtern genug, anschließend in unserem Bad eine fette Kakerlake zu finden und zu erschlagen. Pfui Teufel!

Veronika hatte uns noch erzählt, daß nur 17 % der Fläche Nepals wirtschaftlich nutzbar ist, 83 % sind Gebirge. Kathmandu hat keine Kanalisation, aber das hatten wir selbst schon längst gemerkt. Es ist eben doch Kackmandu!

Wir haben recht gut geschlafen und saßen um 6.30 Uhr am Frühstückstisch, wo uns wieder ganz eklige Eier und muffiges Brot sowie schimmlig gewordene Marmelade den Appetit verdarben. Um 7.00 Uhr fuhren wir dann zum Flughafen, denn an diesem Morgen sollte unser Himalayaflug stattfinden, auf den wir uns alle sehr gefreut hatten. Der Himmel schien klar, und es blitzte ab und zu auch schon ein Berggipfel hervor. Am Flughafen warteten in der Halle ganz abenteuerliche und hochinteressante Typen, die ich gerne gemalt hätte. Es waren da Männer mit einem Dutt im Nacken und Schlitzaugen, dick vermummte Gestalten, die eher wie Chinesen aussahen und natürliche ne ganze Menge hochnäsiger Europäer und einige feine Dämchen, die eher dämlich als fein wirkten. Es war also ein illustres Publikum für uns.

Nach einiger Warterei, während der unser kleines Flugzeug von Hand aufgetankt wurde mittels Hebel und kleinem Tankwagen, konnten wir quer über den Platz laufen und in unsere Maschine einsteigen, die etwa 50 Plätze hatte. Wir starteten und bekamen Bonbons als Imbiß gereicht, wie witzig! Nach wenigen Minuten schon sahen wir entfernt die Berge des Himalaya, die schneebedeckten Gipfel und unter uns die Reisfelder bzw. -terrassen. Und dann waren wir auf einmal mittendrin in den eisigen Giganten in ewigem Eis! Jeder durfte zum Piloten in den Cockpit und konnte sich in Ruhe die traumhafte Bergwelt in dieser majestätischen Form ansehen. Und dann sahen wir ihn, den König aller Berge, das Dach der Welt: den Mount Everest! Dieser Gigant mit fast 9.000 Höhenmetern ringt einem wirklich Beachtung und Respekt ab, und es ist schon ein erregender Gedanke, den höchsten Berg der Erde aus unmittelbarer Nähe direkt vor sich zu sehen. Das kann und will man nie mehr vergessen. Und sicher auch nicht den stillen, einsamen Zauber dieser so unwirklich scheinenden Welt der Sieben-und Achttausender, die so unbeweglich starr und ewig daliegen. Ein unvergeßliches Erlebnis und neben dem Taj Mahal das größte und eindrucksvollste Erlebnis dieser ganzen Reise. Ich war ganz erfüllt von Dankbarkeit, daß ich die Möglichkeit hatte, das zu erleben.

Nach der Landung gingen wir alle wie benommen von diesem Erlebnis wieder zum Bus und zu unserem Reise-Alltag zurück. Zurück in den Dreck und die Realität von Kackmandu. Aber der Bus fuhr uns noch nach Pashupatinath am Ufer des heiligen Bagmati-Flusses, an dem auch eine Verbrennungsstätte der Hindus liegt. Als wir dort ankamen, verbrannten sie gerade ein kleines Kind von ca. 3 Jahren. Der Kopf und ein Füßchen schauten aus dem Holzstapel noch heraus, und uns schauderte. Richtig unheimlich wird einem da zumute, dazu noch der süßliche Geruch, der mit dem Qualm aufsteigt. Also wirklich kein Ort zum Wohlfühlen, wohl aber zum Nachdenken. Seltsamerweise trauerte kein Mensch. Nur ein einzelner Mann schürte das Feuer und verlangte von uns Geld für’s Zusehen.