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Ringsherum herrschte wieder das schon bekannte Elend: unvorstellbarer Dreck und Gestank, dazwischen halbnackte Kinder, die ebenso wie die Alten im Dreck auf der Straße oder an den Rändern saßen. Kühe liefen zwischendrin herum, um die sich niemand kümmerte, denn sie gelten als heilig. Für uns war das langsam ein gewohntes Bild geworden, obwohl es wirklich schlimm war. Es ließ uns bis zum Schluß nicht kalt.

Um 20.30 Uhr konnten wir also endlich wieder starten und kamen gegen 21.00 Uhr im Lumbini-Hotel an. Veronika meinte, es wäre nicht das Vornehmste, aber das Vornehmste am Platze. Du meine Güte! Als wir die Zimmertür öffneten, sausten erst einmal einige fette Kakerlaken herum, und ich wäre fast auf eine draufgetreten. So bin ich ohne zu duschen - der Andrang ging mir sowie so auf die Nerven - zum Anhänger gegangen, habe unser desinfiziertes Wasser geholt und mich damit ein wenig geputzt. Dann versammelten sich alle im Restaurant zum Essen, denn heute blieb die Rotelküche kalt. Herrjeh, war das ein Saustall! Aber wirklich alles war schmutzig, angefangen vom Geschirr über die Gläser bis zum Tischtuch. Auf dem Tisch hopste ein Floh herum, und das Essen war eine Katastrophe. Da wir noch kein nepalesisches Geld hatten, haben wir mit DM oder indischen Rupies bezahlt. Die DM wollte man gern behalten, aber nicht wechseln, so begann ein entnervendes, sehr ärgerliches Hin und Her, und wir waren zum Schluß echt verstimmt über dieses Verhalten. Das Rausgeld hatte bei keinem gestimmt, alles wurde so über den Daumen gepeilt.

Da der Strom wieder nicht ging und alles mit Kerzen rumsauste und wir nichts mit Kakerlaken zu tun haben wollten und zudem kein Bier mehr vorhanden war (das Bier wurde in Nepal unter deutscher, technischer Leitung hergestellt!) zogen wir es vor, in unsere Kojen zu kriechen. Nachts begann es unheimlich zu stürmen, es wurde kühl, so daß wir trotz der Mücken noch ein Weilchen schlafen konnten. Morgens jedoch wachten wir schweißgebadet und total zerstochen auf, die Laune war daher nicht die beste, und wir waren heilfroh, als es endlich dämmerte und wir aufstehen konnten.

Im Freien haben wir uns mit unserem Wasser gewaschen und die Zähne geputzt und merkten bald, daß wir Zuschauer hatten. Ganz ungeniert standen ne Menge Inder und Kinder um uns herum und staunten wohl nicht schlecht über die seltsamen Europäer. Andere Länder, andere Sitten!

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Um 7.00 Uhr gab’s Frühstück, dann verabschiedeten wir uns vom Schneewittchensarg, der hier stehenbleiben mußte, weil er die nun kommende, steile und enge Gebirgsstraße durch Nepal nicht hochkam. Dieser Abschied fiel uns natürlich nicht schwer.

So fuhren wir also um 8.00 Uhr los, nachdem Klaus von Flöhen zerbissen und eine Spinne über den Frühstückstisch gelaufen war und die dreckige Butter niemand gegessen hatte. Wir verließen diesen unheiligen Ort wahrlich gerne und sahen uns die Landschaft an und die fremden Menschen, die schon ganz anders aussahen als die Inder. Hier hatten sie bereits die typischen Asiatenaugen und viel gröbere Gesichter. Die Nepalesen sind eine Mischung aus Tibetern und Indern und nicht sehr hübsch im allgemeinen. Aber natürlich gab es auch hier schöne Menschen. Dieser Menschenschlag ist wesentlich stabiler und kräftiger und gedrungener als die Inder, eben ein richtiges Bergvolk. So fuhren wir also auf der alten Karawanenstraße, die die Inder für den Handel mit Tibet gebaut haben, d.h. sie haben diesen Handelsweg dem Gebirge Meter für Meter abgetrotzt. Diese Straße schraubte sich höher und höher, die Berge ringsherum wurden zunehmend steiler, und wir sahen Tausende und Abertausende von Reisterrassen, die die Nepalesen in mühevoller Arbeit den Bergen abgerungen haben. Sie haben dabei allerdings einen schwerwiegenden Fehler gemacht, in dem sie alle Bäume geschlagen haben, um Land für ihre Terrassen zu gewinnen. Da die Erde auf dem Felsen nun aber keinen natürlichen Halt mehr hat, rutschen oft ganze Hänge bei Regen den Berg hinunter und wertvoller Boden geht dem Reisanbau verloren. Inzwischen hat man diesen Fehler erkannt und ist dabei, so nach und nach die Hänge wieder aufzuforsten. Aber das dauert seine Zeit und ist nicht überall möglich.

Die rotbraune Erde und das herrlich saftige Grün der jungen Reisfelder sowie die Einsamkeit dieser Berglandschaft verzauberte uns geradezu. Ab und zu sahen wir einen Bauern, der zwei Rinder vor einen Ritzpflug gespannt hatte und ein Reisfeld damit umpflügte wie wohl vor 1000 Jahren schon.

Nepal hat das gleiche Bevölkerungsproblem wie Indien. 1911 hatte es ca. 5 Mio Einwohner und 1980 bereits 13 Millionen Menschen. Diese Bevölkerungs-explosion ist Nepals größtes Problem und nur sehr schwer in den Griff zu bekommen, weil auch für die Nepalesen gilt, das Kinder das Herrlichste auf der Welt sind. Die nepalesische Zeit schreibt jetzt (1981) übrigens das Jahr 2037.