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In diesem Lager kamen uns gleich wieder die Bettler entgegen und jede Menge fliegende Händler hatten am Wegesrand ihre Sachen ausgebreitet und auf uns gewartet. Sie hatten wunderschöne Teppiche anzubieten, und wir konnten die Knüpferei beobachten, was wirklich eine mühevolle Arbeit ist. Wir kauften einen kleinen Teppich von etwa 50 x 50 cm, auf dem ein Yak dargestellt ist. Der Yak ist ja das typische Tier Nepals, und immer war ich auf der Suche danach. Leider konnte ich während der ganzen Zeit in Nepal keinen einzigen finden, so typisch ist der Yak also wohl doch nicht. Und von Yeti, dem legendären Schneemenschen des Himalaya, haben wir natürlich auch nichts zu sehen bekommen.

In diesem Flüchtlingslager war auch ein TB-krankes Kind, das fürchterlich hustete. Lissi, unsere Zahnärztin, hatte aber einige Tabletten dabei, die sie dem Kind gab. Hoffentlich haben sie etwas geholfen. TB ist in Nepal weit verbreitet.

So gegen 12.00 Uhr fuhren wir dann zurück ins Hotel und hatten den Rest des Tages frei. Zu Mittag aßen wir scharfen Curryreis und fuhren dann gegen 14.00 Uhr mit dem Bus nach Pokhara rein, liefen die gesamte Hauptstrasse auf und ab, guckten die Nepalesen genau so wie sie uns, hatten viel Spaß dabei und witzelten. Bald taten mir die Füße weh, und so schlenderte ich mit Gisela allein die Straße zurück, die sich ewig hinzog, bis wir endlich wieder im Hotel ankamen, das etwas außerhalb lag. Nachdem wir geduscht hatten, trafen wir uns zu einem Drink auf dem Rasen und erzählten. Nach dem Abendessen, bei dem wieder etliche nette, lachende Boys uns umschwirrt hatten, was wir wohl mochten, hockten wir bei Cola-Cognac auf dem Rasen, bis uns die Augen schwer wurden. Es hatte den ganzen Tag keinen Strom gegeben, aber wir hatten uns längst an die Kerzen überall gewöhnt, und außerdem hatten wir ja alle Taschenlampen dabei. Die waren mir schon deshalb wichtig, weil ich damit jederzeit das Zimmer nach Kakerlaken absuchen konnte, aber in diesem Hotel Crystal gab es keine einzige. Donnerwetter!

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Wir schliefen wieder einmal prächtig bis 6.00 Uhr, dann schauten wir aus dem Fenster und - oh Wunder - es regnete und war kühl. Nach all der Schwitzerei in den vergangenen indischen Tagen war uns diese Abkühlung ganz recht, und so frühstückten wir ein letztes Mal in dieser Oase, ließen uns von hübschen, freundlichen Boys den Kaffee einschenken und packten dann unsere sieben Sachen zur Abfahrt zusammen. Nach einem sehr herzlichen Abschied und viel Gewinke fuhren wir los in Richtung Karawanenstraße nach Kathmandu, auf das wir so gespannt waren. Wir lästerten unterwegs und stellten fest, daß jeder den Rotel-Härtetest bestanden hat, der Kakerlaken fressen kann usw. Wir fühlten uns so wohl, so sauber und erfrischt und brauchten gar nicht mehr schwitzen. Und so kam, daß einer anfing, neue Reisepläne zu schmieden und alle machten mit. Und so sehr wir vorher auf Rotel und den Schneewittchensarg geschimpft hatten, so eifrig waren wir nun dabei, neue Rotelreisen anzupeilen. Einige wollten nach Indonesien, andere nach Malaysia, wieder andere in die Türkei oder nach Afrika. Doch diese Pläne sollten uns sehr rasch wieder vergehen, denn kurz darauf zeigte uns die Sonne wieder ihre Macht. Wir machten Mittagspause und liefen derweil etwa 5 km weiter auf dieser phantastischen Straße durch die Berge, immer am Fluß Trisuli entlang in herrlicher Einsamkeit. Wir schwitzten wieder ordentlich, waren aber guter Dinge.

Schließlich lud uns der Bus wieder alle ein und - kaum daß wir losgefahren waren - machte der Bus plötzlich einen Schlenker in Richtung Bergseite und setzte dann wieder zurück in Richtung Abgrund. War Franz verrückt geworden? Wir dachten, er mache Witze, aber er setzte noch mehrfach vor und zurück, bis die hinteren 2-3 Meter des Busses über dem Abgrund hingen und alle Insassen des hinteren Busteils anfingen zu schreien. Wir hatten wirklich Angst bekommen und einige hatten echte Panik und schrieen um ihr Leben. Es war aber auch wirklich zum Angstkriegen, wenn man unter sich keinen Boden mehr sah, sondern tief unten den Fluß. Die Räder waren allerdings noch einen Meter vom Straßenrand entfernt, aber wie stabil war der Abgrund hier bei so einem schweren Bus? Auch nachdem Franz den Bus ganz gewendet und auf der gleichen Straße wieder in die Richtung zurückfuhr, aus der wir gekommen waren, saß uns der Schrecken noch lange in den Gliedern, und für diesen Tag gab es kein anderes Thema mehr. Cognac und Underberg machten die Runde, und einige hockten schreckensbleich auf ihren Sitzen. Sigrid war in ihrer Angst von der letzten Bank nach vorne in den Bus gesaust, wohl in der Annahme, daß ihr da weniger passieren konnte als hinten, was natürlich ein Unsinn war. Später haben wir uns darüber köstlich amüsiert und darüber gelacht. So ist das halt mit den Erlebnissen, die man nicht vergißt. Es sind oft die unangenehmen oder beängstigenden Dinge, die man später als Erlebnis empfindet.

Jedenfalls lachte der Franz die ganze Zeit und fuhr zu dem Dorf zurück, in dem wir Mittag gemacht hatten, weil dort eine unserer Mitreisenden ihre Handtasche vergessen hatte. Und wegen einer blöden Tasche all diese Aufregung, die später zu einem abendfüllenden Thema wurde. Allerdings waren in der Tasche Geld und Ausweise usw., uns es hätte viel Ärger geben können ohne diese Sachen.

Als alles wieder im Lot war und wir ein ordentliches Stück hinter uns gelassen hatten, kamen wir an eine lange Hängebrücke, die quer über den Fluß Trisuli gespannt war. Die meisten von uns wagten sich über dieses schaukelnde und schwankende Gebilde, aber ganz wohl war es den meisten nicht dabei. Auf der anderen Seite des Flusses warteten bereits wieder die ausgestreckten Kinderhände auf uns, die wir soweit wie möglich füllten. Meine Kaugummis gingen langsam zur Neige, obwohl ich eine Unmenge mitgenommen hatte.