Bis zum Bauchnabel im Wasser starre ich angestrengt auf den Sandboden. Zeichnet sich da nicht ein großer Kreis um den vermeintlichen Stein ab? Das sind doch die Umrisse eines riesigen Rochens, der sich in der flachen Bucht wärmt! Der Rücken ist mit Sand bedeckt, nur sein dunkler Buckel, der lange, glatte Schwanz und die Umrisse seiner Flossen sind zu sehen. Als Martins vermeintlicher Stock dann noch Bewegungen entgegen der Strömungsrichtung vollführt, ist auch er irritiert. Mittlerweile stehen wir bestimmt schon fünf Minuten hier und wenn das Ding vor uns wirklich lebt – und davon sind wir inzwischen überzeugt – ist es ein Rochen mit einer Flügelspannweite von gut 1,30 Metern. Ich habe keine Ahnung, was für einer, ich weiß nur, dass der hier riesig ist und dass manche von den riesigen einen Giftstachel an der Schwanzspitze tragen. Wobei das Gift unter Umständen weniger gefährlich ist als der lange Stachel selbst. Wie hieß noch der australische Krokodilbezwinger, der von so einem Stachel ins Herz getroffen wurde und sofort tot war? Ach ja, Steve Irwin. Zwar sind Rochen an sich friedlich, aber in Bedrängnis können sie sehr ungehalten reagieren. Gerade als ich mir unserer Lage so richtig bewusst werde („Oh mein Gott, ein Rochen!“) wirbelt vor uns eine Sandwolke auf, das Wasser trübt sich vollends, wir sehen nichts mehr. Stocksteif bleiben wir stehen, bis der Sand sich gelegt und das Wasser sich beruhigt hat. Vom Rochen ist nichts mehr zu sehen, vor uns ist nur noch heller Sand. Von wegen nur ein Stock und ein Stein! Mein Herz klopft noch immer ganz ordentlich, als wir uns schließlich wieder rühren, und ich rette mich an den Strand. Puh, ganz schön aufregend! Aber auch echt toll.
{{g_ads}}
 
An der Märtyrerbucht halten wir noch einmal, um uns die vorgelagerten Felsen anzusehen. Aber für heute haben wir schon so viele Bilder im Kopf, mehr passen bald nicht mehr hinein. Zumal der Abend naht und wir noch eine große Strecke zurücklegen wollen. Durch das Landesinnere rauschen wir über den Princes Highway die 180 Kilometer von Warrnambool bis Geelong zurück. Offensichtlich streckenweise etwas zu schnell, im heimischen Hamburg wird uns zwei Monate später ein saftiger Bußgeldbescheid ins Haus flattern… Oops. In Geelong finden wir mit Glück noch ein freies Motelzimmer, denn es findet ein Autorennen statt (ohne uns) und quasi alles ist ausgebucht.