Hier wurden auch viele Mumien ausgestellt, die in der Wüste gefunden worden waren. Durch die extreme Trockenheit dieser Wüste verwesen die Leichen nicht, und Grabräuber hatten nahezu alle Gräber geplündert und die Mumien ans Licht gezerrt. Bis heute liegen Mumien einfach so in der Wüste herum. Die Menschen wurden damals in Embryonalstellung, also ganz zusammengekauert, beerdigt, nachdem man sie in feinste Totentücher gehüllt und ihnen kostbaren Schmuck und andere Grabbeigaben mitgegeben hatte.

In anderen Vitrinen konnten wir auch wieder trepanierte Schädel sehen. Es ist unglaublich und geradezu phänomenal, dass schon vor Jahrhunderten ohne Betäubung menschliche Schädel geöffnet und mit Goldplatten wieder verschlossen werden konnten und die operierten Menschen weiterleben konnten.

Wieder draussen angekommen, haut mich die unwahrscheinliche Hitze fast um, es ist schier unerträglich heiss. Wir fahren zur Oase Huacachina, einem kleinen See inmitten hoher Sanddünen. Dem Wasser wird Heilwirkung zugesprochen, und die Menschen baden darin und fahren mit Tretbooten. Mich fasziniert ein knallroter Kardinalsvogel.

Und weiter geht es zu einem Weingut, auf dem uns die Herstellung des Pisco gezeigt werden soll. Pisco ist ein Traubenschnaps, der für das Nationalgetränk Pisco Sour benötigt wird und der angeblich weltbekannt sein soll. Ich habe noch nie davon gehört, kenne mich in Sachen Alkohol allerdings auch nicht aus.

 

Unsere Gruppe war komplett, als wir um 19.00 Uhr in das Restaurant „Hacienda Moreyra" einkehrten. Es war tatsächlich eine ehemalige Hacienda, die aus dem 17. Jahrhundert stammt, und es war das superfeudalste Haus, das ich wohl je betreten habe. Riesige Silbervasen waren mit ebensolchen roten Rosensträußen bestückt, die auf wertvollen kolonialen Antiquitäten standen. Überall riesige Ölbilder der „Ahnen" an den Wänden und wertvolle Kronleuchter an den Decken. Alles in gediegenem, gedämpften Licht und mit festlich-edel gedeckten Tischen. Es war so nobel und vornehm, dass ich mich total unwohl fühlte, denn der Geist der ehemaligen „Herrenmenschen" war für mich förmlich zu spüren. Die Menschen, die hier einkehrten, waren ellenbogenstarke Geldmenschen, die gleiche Sorte wie zu Zeiten der Sklaverei. Das ging mir total gegen den Strich und ich wäre am liebsten auf der Stelle umgedreht. Alle anderen genossen diese feudale Atmosphäre, während ich dachte, dass mir hier der Bissen im Halse stecken bleiben würde. Gitte maulte, ich würde ein Gesicht machen wie Mutti, wenn ihr was nicht passte. Und es passte mir wirklich nicht. Andererseits wollte ich mich nicht ausschliessen und alleine irgendwo hocken, also grummelte ich eine Weile rum und blieb.

Die anderen gingen total locker mit dem Ambiente um, während ich mir in meiner einfachen Urlaubskleidung wie das Lieschen vom Lande vorkam. Gitte hatte passender Weise ihren neuen Alpaka-Seidenschal umgelegt und sah damit schick und elegant aus. Kurzum, das Essen war hervorragend, der Service auch. Zum Dessert wollte ich etwas ganz Exotisches, von dem niemand wusste, was es war. Aber alle wollten probieren. Gitte rief den Kellner und bestellte dieses eine Dessert mit „nine spoons". Der Kellner war aber keineswegs irritiert oder gar pikiert, sondern meinte lachend, dass neun Löffel auf dem Tisch liegen. Das Dessert kam und wurde reihum probiert mit neun Löffeln und für lecker befunden. Von Gitte habe ich auf dieser Reise einiges gelernt, nämlich, wie man sich mit Charme durchsetzt.