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Wir fuhren dann weiter und sahen unterwegs überall am Straßenrand abgestochene Erde, die die Inder für ihren Hüttenbau verwenden. Teilweise gibt es richtige Ziegeleien, in denen die Erde gebrannt wird.

Die Straße wurde zusehends unebener, und wir hopsten teilweise ganz schön von unseren Sitzen. Im Dunkeln kamen wir dann in Agra im Lauries Hotel an, völlig verschwitzt, durstend und erledigt. Riesige Zimmer bekamen wir (unser Rotel stand ja noch in Delhi) mit Bad und WC und waren ganz selig. Nach dem Duschen - zwei Geckos sahen uns dabei zu - gingen wir zur nächstbesten Sitzmöglichkeit gleich neben der Rezeption und tranken zu zweit 12 Flaschen Mineralwasser und vier Bier. Wir hatten das Gefühl, ein Faß ohne Boden zu sein, denn zu Hause trinke zumindest ich sehr wenig. Soviel wie in Indien habe ich noch nie getrunken.

So nach und nach trudelte die ganze Gruppe ein, alle waren völlig geschafft, hatten rote Köpfe und dicke Augen und lechzten nach was Trinkbarem. So langsam hatte sich eine nette Gruppe gebildet, und wir saßen meist zusammen und erzählten oder machten Blödsinn. Der jüngste Teilnehmer der Reiseteilnehmer war übrigens 23, die älteste wurde in Agra 79 Jahre alt.

Nachdem wir uns innerlich und äußerlich erfrischt hatten, wurde typisch indisches Essen serviert, das aus Reis und gemischtem Gemüse bestand und recht lecker war. Wir haben den Rest des Abends noch auf der Terrasse verbracht und sind dann gegen Mitternacht schlafen gegangen.

Morgens war mir unheimlich schlecht, und mein Magen rumorte gräßlich. Nach der anfänglichen Verstopfung hatte ich nun Durchfall und mußte mich zusätzlich übergeben. Danach war mir sterbenselend, und ich fühlte mich sehr schwach und kein bißchen unternehmungslustig. Zum Frühstück trank ich nur ein bißchen Tee und nahm einige Tabletten gegen die Übelkeit. Außer mir ging es noch anderen so dreckig, und einen mußten sie sogar ins Krankenhaus bringen. Er hatte diesen entwässernden Durchfall, der den Körper innerlich austrocknet und der innerhalb weniger Tage zum Tod führen kann. Im Krankenhaus bekam er dann jede Menge Infusionen und konnte am nächsten Tag wieder entlassen werden. Kurios war daran, daß dieser Mann seit 30 Jahren in Sao Paulo lebte und diese Krankheit in Brasilien noch nie hatte. Dazu mußte er erst ins weit entfernte Indien fahren.

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Mein Muskelkater in den Oberschenkeln vom Treppensteigen auf der Sternwarte in Jaipur machte sich auch noch negativ bemerkbar, und ich hatte also gewiß nicht die beste Stimmung. So starteten wir dann nach dem Frühstück in Richtung Fatehpur Sikri, der roten Hauptstadt Kaiser Akbars. Diese Stadt ist aus rotem Sandstein gebaut und riesengroß. Auf etwa 2,5 qkm befinden sich unzählige Bauten, Tempel, Paläste usw. Wir tappten also immer hinter Veronika her, hörten den interessanten Schilderungen und Geschichten zu, die sich um jedes Bauwerk ranken, waren von der Hitze schon wieder ganz fertig und natürlich durstig, als ich zu allem Übel auch noch mit dem Kopf an einen Torbogen stieß, der für mich zu niedrig war. Ich war wohl auch unkonzentriert, sonst hätte ich das rechtzeitig erkennen müssen. Die Hitze, die Übelkeit und die zusätzliche "Kopfnuß" trieben mir die Tränen in die Augen, und ich hatte in dem Moment von dem ganzen Indien und den verfluchten Tempeln restlos die "Schnauze voll". Am liebsten wäre ich postwendend nach Hause geflogen. Aber nach einer Weile ging es doch wieder.

Wir fuhren danach im Affenzahn die unebene Straße nach Agra zurück, und wir hatten nicht zum ersten Mal den Eindruck, daß unser indischer Fahrer während der Besichtigungen nicht nur Alkoholfreies trank. Er fuhr aber auch wirklich wie ein Henker, und selbst die sonst nicht so zimperlichen Männer hielten ab und zu die Luft an.

Unser Schneewittchensarg, der eigentlich um die Mittagszeit in Agra eintreffen sollte, stand noch nicht am Hotel. Der indische Bus mußte aber wieder zurück nach Delhi, und so bestellte Veronika für uns 20 Rikschas, die uns nach der Mittagspause zum Roten Fort und zum berühmten Taj Mahal bringen sollten. Wir hatten ja gewisse Hemmungen und Gewissensbisse, uns von diesen schmalen Bürschchen auf dem Fahrrad fahren zu lassen, denn das ist bei der Hitze eine Schinderei und wir wogen viel schwerer als die Inder, die sie normalerweise befördern. Veronika aber meinte, das wäre für die Rikschafahrer nun mal ihr Job und sie wären sehr froh, wenn sie was verdienen könnten. Außerdem bekamen sie von uns das Doppelte, was ein Inder zahlen würde, wir sollten also nicht mehr bezahlen als sie ausgemacht hatte.

Wir hatten also zunächst einmal Mittagspause, einige aßen etwas, andere gingen in den Swimmingpool, der eigens für uns gefüllt worden war, das heißt, seit dem letzten Abend lief das Wasser ins Becken aus einem recht dünnen Rohr, und das Becken war also während der ganzen Nacht nicht mehr als halbvoll geworden. Wir hatten direkt Gewissensbisse, soviel Wasser zum Baden zu nehmen, wo wir unterwegs doch soviele durstende Ortschaften gesehen hatten, wo die Frauen das wertvolle Naß in Messing- oder Tonkrügen mühsam auf dem Kopf heimschleppen mußten. Nichtsdestotrotz war das Bad eine wunderbare Erfrischung, und wir waren danach ganz fit und voller Spannung auf den Nachmittag. Ganz pünktlich kamen unsere 20 Rikschas in den Innenhof des Hotels gefahren. Wir suchten uns einen ganz wilden Typ aus und stiegen auf die schmale Sitzbank. Die war aber für unsere europäischen Po’s reichlich knapp bemessen, und wir saßen ziemlich gequetscht. Dann fuhren wir los, und wir staunten nicht schlecht, als wir merkten, daß die Rikschafahrer unheimlich guter Laune waren, sich gegenseitig alles Mögliche zuriefen und lachten. Man hatte tatsächlich den Eindruck, daß sie froh über diesen großen Auftrag waren.